DAS SÜNDOPFER (3.M.4,1-12)
1. „Und JHWH redete zu Mose und sprach:
2. Rede zu den Kindern Israel und sprich: Wenn jemand aus Versehen sündigt gegen irgend eines der Verbote JHWHs, die nicht getan werden sollen, und irgend eines derselben tut, –
3. wenn der gesalbte Priester sündigt nach einem Vergehen des Volkes, so soll er für seine Sünde, die er begangen hat, einen jungen Farren ohne Fehl dem JHWH darbringen zum Sündopfer.
4. Und er soll den Farren an den Eingang des Zeltes der Zusammenkunft vor JHWH bringen und seine Hand auf den Kopf des Farren legen und den Farren schlachten vor JHWH.
5. Und der gesalbte Priester nehme von dem Blute des Farren und bringe es in das Zelt der Zusammenkunft;
6. und der Priester tauche seinen Finger in das Blut und sprenge von dem Blute siebenmal vor JHWH gegen den Vorhang des Heiligtums hin.
7. Und der Priester tue von dem Blute an die Hörner des Altars des wohlriechenden Räucherwerks, der im Zelte der Zusammenkunft ist, vor JHWH; und alles Blut des Farren soll er an den Fuß des Brandopferaltars gießen, der an dem Eingang des Zeltes der Zusammenkunft ist.
8. Und alles Fett von dem Farren des Sündopfers soll er von ihm abheben: das Fett, welches das Eingeweide bedeckt, und alles Fett, das am Eingeweide ist,
9. und die beiden Nieren und das Fett, das an ihnen, das an den Lenden ist, und das Netz über der Leber: samt den Nieren soll er es abtrennen,
10. so wie es abgehoben wird von dem Rinde des Friedensopfers; und der Priester soll es auf dem Brandopferaltar räuchern.
11. Und die Haut des Farren und all sein Fleisch samt seinem Kopfe und seinen Schenkeln und seinem Eingeweide und seinem Mist:
12. den ganzen Farren soll er hinausbringen außerhalb des Lagers an einen reinen Ort, nach dem Schutthaufen der Fettasche, und soll ihn auf Holzscheiten mit Feuer verbrennen; auf dem Schutthaufen der Fettasche soll er verbrannt werden.“
Die unterschiedlichen Opfer
Während sich im Brandopfer die Macht der Hingabe ausdrückt
so liegt im Schuldopfer die Macht zur Vergebung
und im Sündopfer die Macht gegen die geschehene Sünde.
In diesem Sündopfer sehen wir, dass zunächst die Sünden behandelt werden, die „aus Versehen“ geschehen sind. Dann werden diese Sünden in Beziehung gesetzt zu vier erwähnten Menschengruppen.
1. der gesalbte Priester (Vers 3-12)
2. die ganze Gemeinde (Vers 13-21)
3. ein Fürst (Vers 22, 26)
4. jemand vom Volke (Vers 27-35)
Das Sündopfer ist die von Gott eingesetzte Macht der Vergebung. Das Opfer stellt sich gegen die geschehene Sünde, und schließt auch die Sünden ein, die unbeabsichtigt getan wurden. Denn auch für diese versehentlich geschehenen Sünden mußte ein Opfer gestellt werden.
Was ist nun der Unterschied zwischen der Sünde aus Versehen und der Sünde mit Willen? Bei unbeabsichtigten Sünden geht es im wesentlichen um die Sünden, welche Gott zwar registriert, die der Mensch meist übersieht, weil sie nicht willentlich geschehen sind. Diese Sünden waren dem Betreffenden verborgen oder sind unbedacht oder aus Schwachheit geschehen. Darunter fallen auch solche Sünden, die unter Zwang geschehen sind, ohne das eigentliche und persönliche innere Einverständnis des Betreffenden. Es sind Sünden, die entgegen einer aufrichtigen Glaubensgesinnung dennoch geschehen, bewußt oder unbewußt. Wir erinnern hier an das persönliche Zeugnis des Apostel Paulus im Brief an die Römer, Kapitel 7,12-25. Somit stand das Sündopfer letztlich gegen alle Sünden, die getan wurden. Alles in allem erkennen wir in all diesem die überreiche Barmherzigkeit Gottes in der Vergebung an denen, die Ihn suchen mit ihrem Opfer (Ps.9,10b). Wir sehen aber auch, daß wir eine persönliche Verantwortung vor Gott wegen jeder Sünde haben.
Das Sündopfer als Notwendigkeit
„Wenn ein Mensch von euch dem JHWH eine Opfergabe darbringen will...“.Im Brandopfer finden wir die unbedingte Freiwilligkeit angesprochen. Das Wort Gottes betont diese Freiwilligkeit, weil Christus Sein Leben „freiwillig“ Gott als Brandopfer gab.
Das Sündopfer (3.M.4,3) hat ein anderes Merkmal: Hier heißt es nun: „…wenn (jemand) sündigt, so soll er für seine Sünde, die er begangen hat…“. Dies steht für ein Notwendigkeit. Sie gilt für alle vier Personen-Gruppen.
Es heißt nicht mehr: „wenn er es will…“ wie beim Brandopfer, sondern: dann „soll“ der Israelit ein Sündopfer bringen. Das ist ein wesenhafter Unterschied. Außerdem wird im Sündopfer nicht die Gabe angesprochen; denn eine „Gabe“ ist ein „freiwilliges Geschenk“. Beim Sündopfer aber finden wir das „muß“. Weil wir Sünder sind, ist das Sündopfer ein Opfer wegen uns selber – und kein Opfer für Gott. Obwohl das Sündopfer der Sünden wegen gebracht wird, so hätten wir dennoch
kein Opfer gehabt. Wir hätten auch nicht unseren eigenen Leib opfern können, es hätte nichts genutzt. Da fehlt die Unschuld. Wir Menschen hätten auch keinen „Gesalbten“ hervorbringen können. Aber Gott half uns in dieser Not. Er gab den Menschen seinen Sohn als Gabe, „...der sich selbst gab zum Lösegeld für alle“ (1.Tim.2,6). Wenn der Mensch also ein Sündopfer bringen soll, dann muss es ihm von Gott gegeben werden. Das ist im AT und im NT das Gleiche. Das Sündopfer z. B. für den Priester war der junge fehlerlose Stier. Das Tier hat keine Sünde. Daher tritt es stellvertretend als Opfer für die Sünde ein und stirbt. Für uns heute ist die Darbringung in Christus bereits geschehen.
Das Sündopfer im AT für die unterschiedlichen Personen
Priester
Der Hohepriester besitzt die höchste Salbung, was letztlich auf Christus Selbst hinweist; denn Christus heißt ja „der Gesalbte“. Darum wird solches auch beim Priester zweimal erwähnt: „Auf daß er in allen Dingen den Vorrang habe“ (Kol. 1,18).
Gemeinde
Die Gemeinde des NT ist auch gesalbt (durch das „Öl“ des Heiligen Geistes – 1.Joh.2,20+27); aber das Wort „ der gesalbte Priester“ wird hier nur einmal erwähnt. Warum? Das deutet schon auf die kommende Gemeinde hin : wir – die Gemeinde – sind Sein Leib und stehen mit dem Haupte „Christus“ in engster Verbindung, denn Er ist unser Haupt. So sehen wir hier im AT bereits die Einheit der ganzen Gemeinde mit Jesus Christus!
Fürst
Der Fürst, zu dem in Israel auch der König zählte, welcher über dem Volke stand und sie leitete. Bei ihm finden wir keine Erwähnung über den „gesalbten Priester“.
Volk
Jemand vom Volke, das war der einzelne Israelit. Auch hier wird der „gesalbte Priester“ nicht erwähnt, er wird lediglich als „Priester“ bezeichnet, und zwar im ganzen restlichen Abschnitt.
Diese beiden: „der Fürst“ und der „einzelne Israelit“ gehören hier grundsätzlich zu Israel. Es ist gleich, ob sie reich oder arm, ob sie Fürst oder Landmann waren; in der späteren Gnadenzeit gehen beide Gruppen ohnedies in die Segnungen der Gemeinde über.
Das wahre Sündopfer im NT
Der alttestamentliche Priester hatte nun für seine eigene Sünde einen Jung-Stier „darzubringen“. Es heißt in diesem Abschnitt in Vers 3b, daß der Priester diesen Stier „zum Sündopfer darbringen soll“!
Unser Herr Jesus hat Sich vor Gott als das wahre Sündopfer geopfert, um Sühnung zu tun für unsere Sünden. Und nicht allein für die unseren, sondern auch (1.Joh. 2,2): „…für die ganze Welt.“
Wie sich der Herr Jesus „zur Sünde“ hat machen lassen, werden wir hier im Leibe unseres Fleisches nie recht verstehen. Er wurde zu dem, was er nicht ist: Sünde! Er trug die Sünden hinauf an das Kreuz und bekam die Strafe dafür „zu unserem Frieden“ (nach Jes. 53,5)! Er war im Gericht Gottes über die Sünde. Er duldete sie, indem er sie sich anschaute und mit hineinnahm in den Tod. Er trug sie ins Totenreich hinab. Sein Tod war das Gericht des zweiten Todes. Es war die Trennung von Gott. Das Verlassensein vom Schöpfer. Christus, der Herr, nahm das Feuer des zweiten Todes einer ganzen Menschheit (auch das seiner Feinde) auf Sich. Wir dürfen „Christus“, dem lebendigen Gott, täglich dafür danken. Er wartet darauf. Ihm gebührt aller Dank, alle Ehre und die gesamte Macht. Denn Er hat‘s getan, es ist vollbracht! Weil von uns Menschen nie jemand in der Lage gewesen wäre, Christus, den Erlöser, vom Himmel herabzufordern (Röm. 10,6 und Joh.6,38), gab uns Gott Seinen geliebten Sohn. Der Herr Jesus Christus selbst aber gab Sich als ein freiwilliges Opfer in den Tod: als Brandopfer für Gott zu einem duftenden Wohlgeruch und im Sündopfer für uns. Das bedeutet nun die vollkommene Erlösung von Sünde, Vergänglichkeit und ewiger Schande.
Ein Israelit, der durch die Sünde in auswegsloser Situation steckt, der soll das Sündopfer schlachten. Der opfernde Sünder wird nun in dieser Frage vor Gott Gerechtigkeit und Vergebung erlangen, und darin allein auch die innere Gewißheit erhalten, daß er als „Abtrünniger“ (Sünder) das einzig möglich Richtige getan hat. Darum steht hier das Wort „soll“.
Nach der Anweisung in Vers 4 soll der Israelit den Farren „vor JHWH“ bringen. Wie es damals in der Zeit des AT war, daß ein Sünder persönlich „vor JHWH“ zu treten hatte, so ist es geistlicherweise auch heute noch so.
Gott Selbst wählte damals das stellvertretende Opfer aus. Sündige Menschen sind dazu nicht fähig. Wir Menschen – durch die Sünde gefallen, entstellt und ungöttlich geworden – sind absolut nicht in der Lage, Gott irgend etwas anzubieten als Opfer, als Gegenleistung oder Wiedergutmachung für unsere Sünden. Niemand vermag für seinen Freund oder einen noch so geliebten Menschen bei Gott stellvertretende Vergebung zu erwirken (Ps.49,7-8). Kein Werk, kein Opfer, keine Idee...........der Mensch hat nichts anzubieten.
Dieser Ausdruck „vor JHWH bringen“ bedeutet: Hingehen zum Eingang des Zeltes der Zusammenkunft. Da wir nun nicht mehr in der Zeit des AT und des sichtbaren Zeltes der Zusammenkunft leben, haben wir einen geistlichen Eingang. Dieser Eingang ist Christus: „die Tür“ (Joh.10,7); bzw. Golgatha: „die Tür“ (Joh.10,1).
Der Ausdruck „wer gesündigt hat“ bedeutet heute, dass wir mit unseren Sünden zu Gott kommen sollen und sie zu Jesus Christus, dem Sünderheiland auf Golgatha, bringen sollen. Wo irgend Menschen in dieser Absicht zum Herrn und Heiland kommen, drückt ein solches „Kommen zu Ihm“ Gemeinschaft aus. Im Sündopfer wird diese Gemeinschaft des Kommens noch aufgezeigt in dem Vorgang, daß der Israelit seine Hand auf den Kopf des Tieres legte (3.M.4,4; 4,15; 4,24; 4,29). Damit machte er sich eins mit dem unschuldigen Opfer – und genau das gleiche vollzieht sich heute durch den Glauben im Geiste, in Christus Jesus. Erst jetzt, in diesem Moment, nachdem „das Kommen“ zu JHWH-Gott geschehen ist, beginnt die Schlachtung des Opfers zum Sündopfer. Es wird nun in der Einsmachung des Sünders mit dem Opfertier die Sünde auf das stellvertretende Sühnungs-Tier gelegt.
Das Hineinbringen des Blutes in das Heiligtum
In den Verordnungen über das Sündopfer wird nur an zwei Stellen aufgezeigt, wie das Blut des geopferten Tieres durch den gesalbten Priester in das Heiligtum gebracht wurde. Zwei dieser Gruppen des AT (gesalbter Priester und Gemeinde) sind mit dem Blut des alttestamentlichen Opfers vor Gott und mit dem Heiligtum verbunden.
Diese Tatsache wird erwähnt beim Sündopfer:
1) für den gesalbten Priester (V.5)
2) für die Gemeinde Israels (V.16)
Wir lesen ähnliches über den Herrn Jesus in Hebr.2,14; denn die Blutsverbundenheit für uns im NT vor Gott und mit dem Heiligtum des Himmels geht in direkter Linie über Christus.
Die Gemeinde Jesu besteht aus Blutserkauften.
Über das Blut Jesu
Viele Gläubige heutigen Tages sind oft unsicher über die wahre Bedeutung des Blutes Jesu. Wir wissen, daß der Gottes-Dienst im Fleische mit dem Ende
des Gesetzes in Christus ein Ende gefunden hatte. Hinter den materiellen Gegebenheiten, die uns in der Bibel gezeigt werden, haben wir geistliche Dinge zu verstehen und zu erkennen – nur
dann liegen wir richtig. Es ist die Lehre des Wortes. Selbst von unserem geliebten Herrn heißt es, daß Er „das Bild des unsichtbaren Gottes ist“ (Kol.1,15) und „der Abglanz seiner Herrlichkeit
und der Abdruck seines Wesens“ (Hebr.1,3). Da geht es nicht um materielle Dinge.
So dürfen wir niemals den Begriff „das Blut Jesu“ heute als etwas Materielles erkennen, wenngleich dieses „Blut Jesu“ real Materie war. Auch ist heute der Herr Jesus auferstanden und verwandelt
aufgefahren in die Himmel. Das Blut eines Menschen ist für ihn das Leben und der Sitz
der Seele (nicht, wie oft fälschlicherweise gemeint wird, daß das Blut selbst die Seele sei, das sagt
die Bibel nicht in ihrer alttestamentlichen Redeform).
Alles das, was die ganze „Kraft des Lebens“ und der „Gottheit des Sohnes“ ausmachte – die ganze Macht Gottes – das ist das wunderbare Geheimnis, welches Gott uns zu erkennen gegeben hat, in dem Blute Jesu. Denn für uns gab Er Sein Blut zur Erlösung von vielen, vielen Sünden und Plagen und ewigem Tod. Das ist Sein Blut, in dem das Leben ist! (vgl. Rö.3,24+25).
Nach der Aussage in Hebr.9,23 wurden „himmlische Dinge“, welche
durch die Rebellion der abgefallenen Engel, unter Anführung Satans, einstmals verunreinigt und befleckt wurden, nun durch das Blut Jesu
– geistlicherweise – gereinigt. Jesus Christus war dieses „bessere“ Schlachtopfer, und Er Selbst als der wahre gesalbte Priester trug Sein eigenes Blut in den
Himmel hinein und in das himmlische Heiligtum vor Gottes Angesicht, so daß Gott es
sieht.
Es bleibt nun noch eine offene Frage, die wir nicht beantworten können, weil die Bibel keine genauere Mitteilung darüber gibt.
Wenn geschrieben steht, daß der „Geist des Menschen“ (nicht die Seele) „zu Gott zurückkehrt, der ihn gegeben hat“ (Pred. 12,7), so handelt es sich hier um jenen Menschengeist, der unsere motorische Kraft und unser Denken, etc. ausmacht. Es geht hierbei um jeden Menschengeist – auch um den Geist der verlorenen Menschen.
Der Geist des Menschen ist ja in jedem Fall – ob bei Erretteten, ob bei Verlorenen – eine Art „Leihgabe Gottes“ für diese Erdenzeit. Dieser Menschengeist dürfte mit Sicherheit bei allen „verunreinigt“ und z.T. sogar voller Sünde sein.
Wenn nun dieser „Geist des Menschen“ wieder zurückkehrt zu Gott, der ihn gegeben hat, wird Gott in jedem Falle eine Reinigung desselben vornehmen müssen. Wie aber macht Er das? Womit macht Er das? Zwar sagt die Bibel darüber nichts Definitives aus, dennoch liegt es sehr nahe; auch in dieser Sache an das vorhin erwähnte „Blut Jesu“ zu denken, welches der Herr zur Reinigung von „Geist-Dingen“ des Himmels erstmalig benutzte – nach all den vielen langen Zeiten und Jahren der einstmals geschehenen Engelüberhebung.
In 3.M.4,6 sehen wir, daß der Priester dieses ins Heiligtum gebrachte Blut nimmt und seinen Finger hineintaucht, um es dann siebenmal „gegen den Vorhang des Heiligtums hin“ zu sprengen. Die „7“ ist die göttliche Vollzahl – die SCHEWA.
Während dieser Bluts-Besprengung befand sich der alttestamentliche Priester in dem Bereich, welcher in der Stiftshütte (oder im Tempel später) als „das Heilige“ bezeichnet wurde. Dort waren auch der goldene Leuchter und die Schaubrote und der Rauchopferaltar. Hier geschah diese Handlung der 7fachen (vollkommenen) Blutsbesprengung gegen den Vorhang hin, der „das Scheidende“ war, zwischen dem „Heiligen“ und dem „Allerheiligsten“‚ wo auch die Bundeslade und der Versöhnungsdeckel (Hebr.9,5) aufbewahrt wurden.
Bitte beachten wir hier im Text vom Sündopfer: Diese besondere Handlung vollzieht sich nur beim (1) Priester und bei (2) der Gemeinde, nicht aber beim Fürsten oder beim einzelnen Israeliten aus dem Volke. Bei jenen geschah eine „Bluts(be)handlung“ nur draußen am Brandopferaltar. Diese wertvolle Mitteilung ist hochbedeutsam in Bezug auf das Volk Gottes, das „Israel im Fleische“.
Weil wir im Bilde des Fürsten und des Israeliten („jemand vom Volke“) ein rein fleischliches Abbild des gesamten Volkes Israel sehen – vom Großen bis zum Kleinen (Geringen) – erkennen wir hier gleichsam den Weg des Gottesvolkes Israel nach dem Fleische.
Sie hatten im AT den Weg der Nachfolge Gottes zu gehen, bis zum blutsverbundenen Brandopferaltar. Das ist heilsgeschichtlich für Israel der geistliche Brandopferaltar des Kreuzes ihres wahrhaftigen „gesalbten Priesters“ und „Messias“: Christus auf Golgatha!
Allein hier auf dem Hügel ihres Herrn findet auch Israel den wahrhaftigen „Eingang“ (Joh.10,1) zum himmlischen Heiligtum droben, und es gelangt zur Bluts-Verbundenheit Jesu nach drinnen.
Ein ewig bleibender Priester ist eigentlich Jesus
Wir hatten bereits in einem der vorigen Abschnitte darauf hingewiesen, daß der „gesalbte Priester“ keine Vergebungszusage erhielt, weil er ein Bild auf den Christus ist. Unserem Herrn Jesus Christus ist auch keine Vergebung zuteil geworden – sonst hätte Er nicht sterben können. Sterben geschieht nur dort, wo Sündenschuld vorhanden ist.
Die Gemeinde aber erhält die Zusage der Vergebung. Wir lesen (3.M.4,20b): „…und es wird ihnen vergeben werden.“ Nun aber heißt der vollständige Satz in Vers 20b: „Und so tue der Priester Sühnung für sie, und es wird ihnen…“. Diese „sie“ ist die Gemeinde.
Somit liegt ein erneuter Beweis vor, daß mit diesem Priester allein „Christus“ gemeint ist. Niemals konnte ein sündiger Priester des alten Bundes für die Sünden eines Israeliten ewige Sühnung tun. Ebenso konnte damals das geschlachtete Opfertier keine Sünden wirklich wegnehmen oder auch nur vergeben – es sei denn, daß es auf Zeit befristet eine Stundung bzw. einen Sünden-Vergebungsaufschub erwirkte, bis auf Christus und Sein Erlösungswerk hin. Darum sollte an dieser Stelle, wo es heißt: „und es wird ihnen vergeben werden“, ein Priester und Mittler sein, der „vergibt“.
Wir brauchen (wie auch jene Israeliten, die längst nicht mehr leben ) eine vollkommene und ewigkeitsbezogene Vergebung und nicht allein eine zeitliche. Viele Opfertiere und viele Priestermittler waren in der Zeit des alten Bundes nötig – im NT aber nur einer. (Wenn wir heute von anderen Mittlern und Stellvertretern hören, sei er in Rom oder sonstwo, wir dürfen die Versicherung der Heiligen Schrift haben, daß er nicht von Gott gegeben ist).
Das Blut des Sündopfers wurde ins Heiligtum hineingetragen und dann siebenmal gegen den Vorhang im Heiligtum gesprengt. Das bedeutet für uns (Hebr.10,19-20): „Da wir nun, Brüder, Freimütigkeit haben zum Eintritt in das Heiligtum durch das Blut Jesu, den neuen und lebendigen Weg, welchen er uns eingeweiht hat durch den Vorhang, das ist sein Fleisch…“. In vollkommener Weise gab der Herr Jesus Sein kostbares Blut – schattenbildlich wurde das Blut siebenmal gegen den Vorhang gesprengt: Nun haben wir Freiheit (und innere Freimütigkeit), im Geiste in das himmlische Heiligtum einzutreten!
Wodurch?
Nicht durch das Tierblut! Sondern die Schrift sagt ganz deutlich: durch das Blut Jesu. Damit ist der Herr Jesus Selbst für uns das Einweihe-Opfer in der Gemeinschaft auf dem „lebendigen Wege“ geworden – auf dem neutestamentlichen neuen Weg hin zu Gott und zur wahren Gottesnachfolge in Ewigkeit. (Vergleiche dazu in 2.Kor.3,4-12 die Gegensätzlichkeit zum „Todes-Dienste“ in der Zeit des AT). Als der Vorhang im Tempel von oben nach unten zerriß (Mt.27,50-51), da war Sein Fleisch tot: Der Dienst im Geiste mit ewigem Leben begann.
Der Herr Jesus konnte in der Vorkenntnis und im Vorgriff des Verschenkens von ewigem Leben zu dem Schächer am Kreuz bereits sagen: „Wahrlich, ich sage dir: Heute wirst du mit mir im Paradiese sein“ (Lk.23,43).
Aaron der Priester - 3. Mose Kap. 8
gekürzt nach CvViebahn
Aaron und seine Söhne werden hier feierlich zum Priestertum geweiht. (Lies 1.Chron. 23,13) – Der Hebräerbrief zeigt uns, dass Aaron ein klares Vorbild ist von unserem Herrn Jesus Christus. Jesus hat von Gott ein ewiges und unveränderliches Priestertum empfangen hat. ( Hebr. 5,1 – 10) Wie einst die Gemeinde Israel der Weihung ihres Hohenpriesters beiwohnen durfte (Vers 5), so dürfen heute die Gläubigen in die geöffneten Himmel hineinsehen und dürfen erkennen, wie Gott ihnen den Herrn Jesum gegeben hat und mit den Würden und Herrlichkeiten, den Befugnissen und Diensten eines ewigen Hohenpriestertums ausgestattet hat! – In den Söhnen Aarons erblicken wir ein Bild der wahren Gläubigen, welche nach Gottes Absicht Christo beigegeben und mit Ihm verbunden sind, „ heilige Brüder, Genossen der himmlischen Berufung. “ (Hebr. 3,1.6.14) – Nachdem Christus, unser großer Hoherpriester, durch die Himmel geschritten ist bis zum Throne Gottes, „um jetzt vor dem Angesicht Gottes für uns zu erscheinen“, haben nun alle, die in Wahrheit Sein Eigentum geworden sind, die Freimütigkeit zum Eintritt in das Heiligtum; sie sind „ Priester Gottes und Christi . “ (Offb. 20,6; vergl. 1. Petr. 2,4.5.9.10; Hebr.10,19.20)
Das Wasser ist in der Heiligen Schrift ein Bild des Wortes Gottes. Dieses Wort Gottes, angewendet in der Kraft des Heiligen Geistes bewirkt also neues göttliches Leben. Unser großer Hoherpriester, der Herr Jesus, hat in Seiner Auferstehung die Seinigen mit Sich in einem neuen Leben vereinigt. Er sagt: „ Weil Ich lebe, werdet auch ihr leben . “ (Joh. 14,19) – Diese „Waschung mit Wasser“ ist also für die Gläubigen ein klares Bild von ihrer Wiedergeburt durch Gottes Wort und Geist . (Tit. 3,5) Es ist dies „die Heiligung des Geistes“ (1. Petr. 1,2; 2. Thess.2,13.14), d . h . die durch den Geist Gottes vermittelst des Wortes Gottes bewirkte Absonderung der Seele von Welt und Sünde für Gott und damit zugleich die Mitteilung des neuen göttlichen Lebens und die Versetzung in das Reich Gottes. Deshalb sagt Jesus zu jedem natürlichen Menschen:„ Wahrlich, wahrlich , Ich sage dir : Es sei denn , dass jemand aus Wasser und Geist geboren werde, so kann er nicht in das Reich Gottes eingehen ! “ (Joh. 3,5) Christus als der Auferstandene teilt in der Jetztzeit allen, die in Wahrheit persönlich zu Ihm kommen, dieses Leben mit; es ist das gleiche Leben in Ihm und in uns, den Wiedergeborenen, „das, was wahr ist in Ihm und in euch . “ (1. Joh. 2,8) „Denn sowohl der, welcher heiligt (Christus), als auch die, welche geheiligt werden (die Gläubigen), sind alle von einem, um welcher Ursache willen Er Sich nicht schämt, sie Brüder zu nennen.“ (Hebr. 2,11) So erblicken wir in Aaron und seinen Söhnen eine herrliche Darstellung von Christo, dem ewigen Hohenpriester, mit welchem die Seinigen schon jetzt als Priester verbunden sind vor Gottes Angesicht durch den Heiligen Geist!
Kap. 8,7a
Sehr bemerkenswert ist es, dass zunächst Aaron a l l e i n bekleidet, gekrönt und gesalbt wird. Jesus empfing den Heiligen Geist als persönliche Salbung und Versieglung, wie wir wissen, schon hier auf Erden bei dem Beginn Seiner öffentlichen Laufbahn inmitten des Volkes Israel. (Luk. 3,21.22; Apg. 10,38) Er empfing den Heiligen Geist auf Grund Seiner persönlichen Vollkommenheit als Mensch, während wir,die Seinigen, erst durch Sein Blut mit Gott versöhnt und von unseren Sünden gereinigt sein mussten, ehe wir gesalbt und versiegelt werden konnten. Christus bedurfte für Sich solcher Reinigung und Versöhnung in keiner Weise; Er war der Heilige, der Fleckenlose, der Vollkommene. Hoherpriester aber wurde Er erst, nachdem Er zuvor am Kreuz als Lamm und Opfer gelitten hatte! – Die hohenpriesterlichen Kleider, welche Aaron hier angetan werden, sind also Hinweise auf die Würden und Herrlichkeiten, mit denen Christus angetan wurde, als Er nach vollbrachtem Erlösungswerke in den Himmel einging. Da wurde „das heilige Diadem“ des Priestertums auf Sein Haupt gesetzt. (Lies Hebr. 5,9) Und da erst empfing Er die hohepriesterliche Salbung, d. h. da wurde Ihm der Heilige Geist gegeben für uns „wie das köstliche Öl auf dem Haupte . . . Aarons, das herabfließt auf den Saum seiner Kleider, wie der Tau des Hermon, der herabfällt auf die Berge Zions“. (Ps. 133,2.3; vergl. Apg. 2,33.)
Kap. 8,7b
Der Leibrock des Hohenpriesters von feinem weißen Byssus, einem Baumwollgewebe, deutet hin auf die persönliche Reinheit Christi in Seiner menschlichen Natur, „welcher keine Sünde tat, noch wurde Trug in Seinem Munde erfunden“. (1. Petr. 2,22; vergl. 1. Joh. 3,5). – Das Oberkleid „ganz von blauem Purpur“ (vergl. 2. Mose 28,31 – 35), erinnert uns daran, dass unser Heiland Seinem Ursprung und Seiner Gesinnung nach „der Himmlische“ ist; Sein ganzes Wesen trug einen himmlischen Stempel . (Vergl. Joh. 3,13; 6, 32; 1. Kor. 15,47.48) Über dem blauen Oberkleid trug der Hohepriester das Ephod (2. Mose 28,5 – 14), einen Überwurf,das Hauptstück der hohenpriesterlichen Kleidung, dessen Stoff in Gold, Blau, Rot, Karmesin und Weiß kunstvoll gewirkt war. Das Gold deutet hin auf die göttliche Gerechtigkeit und Herrlickeit, welche dem Herrn Jesu beigelegt ist. (Lies Hebr. 1,8.9; 1. Joh. 5,20b)
In dem Blau erblicken wir auch hier Seine himmlische Gesinnung, ohne welche Sein hoherpriesterlicher Dienst unmöglich gewesen wäre. –Der rote Purpur weist hin auf Christi Königtum ; Er ist ein „königlicher Priester“, welcher Anrecht auf die Herrschaft über die ganze Erde hat. (Sach. 6,13; Joh. 18,37) –Das Karmesin, ein dunkleres Rot, bezeugt, dass E r durch Leiden und Tod gegangen ist; ewig wird Er im Himmel geschaut werden als „ das Lamm wie geschlacjhet. “ (Offb. 5,6; vergl. Sach. 13,6)
Kap. 8,8a
Aaron konnte das Ephod
nicht tragen, ohne die Namen der zwölf Stämme Israels vor JHWH zu bringen, und zwar sowohl auf den Schulterstücken als auch auf dem mit zwölf
leuchtenden Edelsteinen besetzten Brusztschild, in welche die Namen der zwölf Stämme mit Siegelstecherei eingegraben waren. (Vergl. 2. Mose 28,15 –
30) So trägt der Herr Jesus die Namen all der Seinen auf Seinem liebevollen Herzen; Er, der große Hohepriester, übersieht, vergisst oder verliert
nicht das geringste und schwächste Glied Seines erlösten Volkes! Auf
Seiner starken Schulter und an Seinem liebenden Herzen ist jedes einzelne für Zeit und Ewigkeit
geborgen, das sich Ihm in Wahrheit übergeben und anvertraut hat in lebendigem Glauben! Von Ihm heißt es im Gegensatz zu den alttestamentlichen Hohenpriestern: „Dieser aber, weil Er in Ewigkeit bleibt, hat ein unveränderliches Priesterturm; daher vermag Er auch völlig zu erretten, die durch Ihn Gott nahen, indem Er immerdar
lebt, um Sich für sie zu verwenden (ober sie zu vertreten, für sie zu bitten)!“ (Hebr. 7,24.25) –Die Namen der Kinder Israel leuchteten also stets
in ungetrübtem Glanze, in Gold gefasst,auf dem Gewand des Hohenpriesters. So sind alle wahren Christen, in dem ungetrübten Glanze der ihnen von Gott gegebenen Stellung, ja, in göttlicher
Gerechtigkeit, von der das Gold ein Bild ist, vor Sein heiliges Angesicht gebracht durch Christi Erlösungswerk; Er, der große Hohepriester, trägt sie alle, bestrahlt von der Herrlichkeit Gottes,
auf Seinem Herzen und auf Seiner Schulter, während sie hienieden in großer Schwachheit und Unvollkommenheit den Widrigkeiten und Gefahren, der Wüste begegnen. Ist dies nicht ein starker Trost für
jedes im Kampf des Lebens stehende Kind Gottes? „Christus ist eingegangen . . . in den Himmel selbst, um jetzt vor dem Angesicht Gottes für uns zu
erscheinen!“ (Hebr. 9,24)
Kap. 8,8b
In das Brustschild des Hohenpriesters, welches wie eine viereckige Tasche gearbeitet war (2. Mose 39,8 – 24), legte Mose die Urim und Thummim , „Lichter und Vollkommenheiten.“ Worin dieselben bestanden, wird uns nicht gesagt. Sie waren das Mittel, durch welches der Hohepriester auf Befragen wichtige Entscheidungen, Antworten oder Aufklärungen von Gott für das Volk empfing. (Lies 4. Mose 27,21) Wenn wir vertrauensvoll und gehorsam zu unserem großen Hohenpriester Jesus aufblicken und durch Ihn allezeit „mit Freimütigkeit hinzutreten“ zu dem Gnadenthron unseres Gottes, so wird es uns an Licht und Leitung für unseren Pfad durch diese dunkle Welt nicht fehlen. Wir werden „Barmherzigkeit empfangen und Gnade finden zur rechtzeitigen Hilfe“.(Hebr. 4,16) Nicht nur ist uns das Wort Gottes gegeben als „Licht auf unserem Pfade“– wir besitzen auch den Heiligen Geist , durch welchen wir als Kinder Gottes uns leiten lassen dürfen und sollen „ in Pfaden der Gerechtigkeit “ . So können wir durch unseren Herrn Jesum Christum zuversichtlich und demütig zu unserem Vater aufblicken, und Er verspricht uns: „ Ich will dich unterweisen und dich lehren den Weg, den du wandeln sollst ; Mein Auge auf dich richtend, will Ich dir raten ! “ (Ps. 32,8) Ein eigenwilliger, ungehorsamer Saul aber denke nicht, dass Gott ihm Antwort oder Leitung zuteil werden lässt! (Lies 1. Sam.28,4 – 6)
Kap. 8,9
Der K o p f b u n d des Hohenpriesters bestand aus weißem Byssus . (Vergl. 2.Mose 28,39) An demselben wurde ein Streifen von reinem Goldblech befestigt, „ das heilige Diadem “ , auf welchem mit Siegelstecherei eingegraben stand: „ Heiligkeit dem Herrn ! “ Von diesem heiligen Diadem wird gesagt: „Es soll an der Stirn Aarons sein, und Aaron soll die Ungerechtigkeit der heiligen Dinge tragen, welche die Kinder Israel heiligen werden, bei allen Gaben ihrer heiligen Dinge; und es soll beständig an seiner Stirn sein, zum Wohlgefallen für sie vor JHWH. “ (2.Mose 28,36 – 38) Gerade bei den „ heiligen Dingen “, in den Darbringungen und in dem Gottesdienst der Kinder Israel, lief manche Nachlässigkeit, mancher Fehler, manche Ungerechtigkeit mit unter. Gott konnte das nicht übersehen oder mit Stillschweigen übergehen . In Seiner Gnade jedoch trug Er, entsprechend Seiner Heiligkeit, Vorsorge, damit Israels Mängel durch den Hohenpriester gesühnt wurden. Derselbe stand vermittelnd zwischen ihrer Unvollkommenheit und dem heiligen,vollkommenen Gott, der ihn hierzu berufen hatte, und so konnte G o t t durch den Hohenpriester mit Gnade und Wohlgefallen auf Sein Volk blicken . – Wie läuft auch bei uns , gerade bei unseren heiligen Dingen, in unserem Gebetsleben, in unserem Nahen zu Gott, in unserer Anbetung und unserem Dienst für Gott so leicht Gleichgültigkeit, Zerstreutheit, ja, Sünde mit unter! Das ist tief demütigend und beschämend. Wie viel Schmerz und Mühe bereiten wir dadurch unserem großen Hohenpriester, der das alles auf Sich nehmen und tragen muss! Würde ER uins nichtz vertreten in vollkommener Heiligkeit und in Seiner wunderbaren Liebe zu Gott und zu uns, wie wollten wir in der Gnade Gottes erhalten bleiben?
Kap. 8,10 – 12
Die Stiftshütte und alles, was darin war, wurde mit dem „ Öl der heiligen Salbung “ besprengt. Dasselbe ist ein Bild des Heiligen Geistes . Im Hause und in der Gemeinschaft Gottes gibt es nichts, das nicht durch den Heiligen Geist geheiligt wäre; und nur durch Ihn werden uns die göttlichen Dinge aufgeschlossen. (Lies 1. Kor. 2,10 –13) Vor allen Dingen aber goss Mose das Salböl auf das Haupt Aarons aus , um ihn als Hohenpriester zu heiligen. Wir bemerkten schon bei Vers 7, dass der Herr Jesus als der vollkommene Mensch bereits hier auf Erden die Salbung mit dem Heiligen Geiste empfing (Matth. 3,16.17), dass Er aber als Hoherpriester erst nach Seiner Auferstehung und Himmelfahrt gesalbt wurde „mit Öl des Frohlockens über Seine Genossen.“ (Hebr. 1,9; vergl. Apg. 2,33) Und an dieser Salbung haben alle wahren Gläubigen teil (lies Eph. 4,7.8; Joh. 7,39; 1. Kor. 12,1 – 13); sie fließt von Ihm auf uns herab. – Sobald Aaron gesalbt war, ließ Mose auch seine Söhne herzutreten und tat ihnen die priesterliche Kleidung an. Sobald unser großer Hoherpriester zur Rechten Gottes gekrönt war, konnten auch die Seinen durch den Heiligen Geist in ihre herrliche neue Stellung als Priester eingeführt werden. (Apg. 4,32,33) – Auch heute will der Heilige Geist das Herz und Verständnis aller wahren Gläubigen berühren und auftun, damit sie aus der geöffneten Bibel ihre kostbaren Vorrechte als Priester Gottes im Glauben erfassen und mit dem Herzen einnehmen!
DIE ZEHN GLEICHNISSE VOM REICH DER HIMMEL
VON WERNER BERGMANN
Aus urtextlichen Gründen wurde die alte Elberfelder Bibelübersetzung gewählt
Vorwort
Die zehn Gleichnisse vom Reich der Himmel sind in dieser Studie keineswegs erschöpfend ausgelegt. Vielmehr besteht die Absicht, die an Jesus Christus Gläubigen anzuregen, mit dem Wort Gottes in innige Gemeinschaft zu treten, damit sie die Vielseitigkeit der göttlichen Gedanken besser erfassen und die erstaunlichen Zusammenhänge in der Heiligen Schrift tiefer verstehen lernen. Diese Auslegung will denen Mut machen, die sich noch nie an eine intensive Arbeit in der Heiligen Schrift herangewagt haben. In der Liebe zum Wort Gottes zeigt sich die persönliche Liebe zu Jesus, dem Herrn, praktisch und wesenhaft.
Als Hilfe wird sich diese Untersuchung nur dem erweisen, der das Wort Gottes liebhat oder liebgewinnt. Er wird es auch nicht scheuen, die zitierten Stellen in der Bibel nachzuschlagen, zu vergleichen und zu überprüfen. (Darin soll sich ja seine Liebe zum Wort Gottes zeigen).
Nicht nur Hilfe, sondern auch Segen wird es für ihn sein; denn Gott läßt keinen, der IHN liebt, ungesegnet. Es versteht sich also von selbst, diese Auslegung nicht eben mal durchlesen zu wollen – eine solche Oberflächlich-keit würde sich niemals lohnen –‚ sondern sie wirklich als Studie anzusehen, das heißt, damit und darin zu arbeiten.
Über die Erkenntnis
muß anfangs unbedingt noch ein Wort gesagt werden. Bereits dem Propheten Daniel wird in Kap.12,4b mitgeteilt, daß denen die Erkenntnis des Herrn vermehrt wird, die das Buch „durchforschen“. Und Jesus stellt (Joh.5,39) fest: „Ihr erforschet die Schriften, denn ihr meinet in ihnen ewiges Leben zu haben, und sie sind es, die von mir zeugen.“ Damit zeigt er das Ziel biblischer Erkenntnis, „ihn zu erkennen und die Kraft seiner Auferstehung“, wie Paulus an die Philipper (3,10) schreibt. Brauchen wir heute überhaupt Erkenntnis, wo doch Paulus im 1. Brief an die Korinther, Kap.8,1 darauf hinweist, daß die Erkenntnis aufbläht? Ist die Erkenntnis nicht mit Weisheit Gottes verbunden und als Gnadengabe vom Herrn gegeben? Ganz gewiß, aber warum kann das von Gott Empfangene aufblähen?
„Die Gnadengaben Gottes sind unbereubar“ (Rö.11,29). Gott gibt sie uns Menschen, die wir, auch wenn wir wiedergeboren wurden, im sündlichen Fleisch leben. Sowohl die Gaben als auch das ewige Leben sind von Gott in Vollkommenheit gegeben.
Das neue Leben ist nach Eph.4,30 durch den Geist Gottes versiegelt worden und bleibt damit allen anderen Einflüssen gegenüber immun. Dagegen werden die Gnadengaben vom Gläubigen angewendet und unterliegen dabei den verschiedenen Einwirkungen der menschlichen Seele, besonders des Verstandes, aber auch des Gemütes und des Willens. Es gibt keine praktische Erkenntnis, ohne daß der Verstand des Menschen mit eingeschaltet wurde. Wir vermögen also ohne Verstand nicht zu erkennen.
Je weiter wir aber unsere eigene Denkart zurücktreten lassen, um so stärker kann die Gabe Gottes sich entfalten. Dadurch entstehen auffallende Unterschiede zwischen den Gläubigen. Der eine wird von allen als „geistlich“ beurteilt, der andere – obgleich auch er ewiges Leben hat – gilt allgemein als „ungeistlich“. Bei einer Untersuchung müßten wir feststellen, daß das Fleisch (das ist die bisherige Denkweise) dessen, der ungeistlich zu sein scheint, zu sehr im Vordergrund geblieben ist.
Darauf sind oft auch die Unterschiede in der Erkenntnis des Wortes Gottes zurückzuführen. Wie verschieden wird doch das Wort Gottes manchmal ausgelegt. Am Ende stehen widersprüchliche Aussagen gegeneinander. Dann fragt man: Welche Auslegung entspricht dem Willen Gottes? Dabei liegt der Grund des Widerspruchs mehr in der Frage, wie tief Gottes Wort durchforscht, erkannt und verstanden wird.
Leider begnügen sich die meisten Gläubigen mit einem oberflächlichen Erkennen der Schrift. Sie sind aber fest davon überzeugt, daß die eigene Auffassung richtig ist, und ihre stolzen Herzen erlauben nicht, auf eine andere Auslegung zu hören. Die Beharrlichkeit korrekturloser Schriftunkundiger läßt diese Gläubigen „aufgebläht“ sein. Diese Überheblichkeit verdirbt nicht nur einzelne Gläubige, sondern ganze Gemeinden.
Zu einer rechten Schrifterkenntnis ist letzten Endes das Licht des Heiligen Geistes nötig, Menschenmeinung genügt nicht. Dann kann ein Jünger Jesu in Gemeinschaft mit dem Herrn das Wort Gottes so ausleben, daß Gott dadurch verherrlicht wird. Das ist eine Frucht der Schrifterkenntuis, die schon jetzt reifen darf.
Einleitende Gedanken
Was ist eigentlich das Reich der Himmel?
Die Vorstellungen der Gläubigen über dieses Reich sind außerordentlich verschieden. Weil das Reich mit Himmel bezeichnet wird, glaubt man gern an ein Reich im Himmel. Diese oberflächliche Auffassung verbindet sich mit dem Gedanken an Gott im Himmel. So erscheint es undenkbar, daß dem Himmel (der ja himmlisch sein muß) auch Negatives eingebunden oder unterstellt werden kann. Wenn wir aber die zehn Himmelreichs-Gleichnisse untersuchen, stellen wir fast überall „das Böse“ als im Reich der Himmel befindlich fest.
Demnach ist das Reich der Himmel ein in sich geschlossener Zeitabschnitt der Verkündigung des Evangeliums (Mt.3,2; 4,17: „das Reich der Himmel ist nahe gekommen“, Mk.1,14.15: „Jesus predigte das Evangelium des Reiches Gottes und sprach: Die Zeit ist erfüllt, und das Reich Gottes ist nahe gekommen“). Den Anfang sehen wir zur Zeit Jesu auf Erden. Das Ende wird sein, „wenn er das Reich dem Gott und Vater übergibt“ (1.Kor.15,24). Dieser gesamte Zeitabschnitt umfaßt
Vier Verkündigungszeiten des Evangeliums:
1. Die Verkündigung des Evangeliums des Reiches (Lk.16,16). Sie stand unter der direkten Regie des Sohnes Gottes als Sohn des Menschen auf Erden. Das Eindringen in das Reich stand unter dem Zeichen von Macht: „jeder dringt mit Gewalt (Macht) hinein“ (Lk.16,16). Deshalb stand auch die Verkündigung unter den begleitenden Machtzeichen und der Gewalt dieses Reiches. Sowohl die Macht, die Jesus seinen Jüngern übertrug, als Er sie je zwei und zwei aussandte, als auch die Offenbarung der Gewalt durch den Herrn selbst geschah unter diesen Zeichen: Kranke wurden geheilt, Tote auferweckt und Dämonen ausgetrieben. Das waren Zeichen von Gewalt und Macht, die an Menschen im Fleisch sichtbar wurden. Wer nun mit dieser Macht in das Reich eindrang, riß es als Gewalttuender an sich (Mt.11,12). Unter diesen Zeichen der Reichsherrschaft begann die Verkündigung gemäß Mk.1,15 durch den Herrn mit seinen Jüngern und wurde unterbrochen infolge der Verwerfung des Herrn. Der Auftrag Jesu: dieses Evangelium des Reiches, galt Israel (siehe Mt.15,24 und 10,6).
2. Weil Israel seinen Messias und König verworfen hat, kam die Gnade zu den Heiden. Das Evangelium der Gnade Gottes nach Apg.20,24 wird nun allen Menschen zuteil. Gleichzeitig beginnt die Verheißung Gottes an Abraham sich zu erfüllen: „sollen doch in ihm gesegnet werden alle Nationen“ (1.M.18,18). Dieses Evangelium ist bestimmt für die Zeit von der Verwerfung des Herrn bis vor Beginn des Gerichts.
3. Unmittelbar nach der Entrückung (= Wegnahme) der Gemeinde von der Erde wird das Evangelium des Reiches, das durch die Verwerfung des Herrn unterbrochen war, in der Trübsals- und Gerichtszeit fortgesetzt. Ziel ist die Aufrichtung der Königsherrschaft Jesu auf Erden gemäß Mt.24,14.
4. Auch im Millennium (= 1000 Jahre Herrschaft Jesu als König) wird das Evangelium des Reiches verkündigt werden. In Offb.14,6 ruft ein Engel das Ewige Evangelium aus. Es heißt ewig, weil es eben auch im Tausendjahrreich verkündigt werden soll. Leitwort und Inhalt dieser Botschaft: „Fürchtet Gott und gebet ihm Ehre“ (Offb.14,7). Dieses Evangelium des Reiches wird verkündigt, bis der Herr „das Reich dem Gott und Vater übergibt“ (1.Kor.15,24).
Zwei Unterbrechungen der Verkündigung in den vier Verkündigungszeitaltern:
1. Die erste Unterbrechung, die Verwerfung des Messias durch Israel, beendete den ersten Zeitabschnitt und leitete den zweiten ein, nämlich das Evangelium der Gnade für alle Menschen.
2. Die zweite Unterbrechung geschieht in der Mitte der 70. Jahrwoche (nach Dan.9,27), die den dritten Zeitabschnitt bildet. Während dieser Unterbrechung, die mit der Ermordung der beiden Zeugen, der „Söhne des Öls“, beginnt (siehe Offb.11,1-13 und Sach.4), erfolgt das Gericht über die Menschheit.
„Reich der Himmel“ und „Reich Gottes“
Johannes der Täufer ruft in Mt.3,2 zur Buße, weil „das Reich der Himmel nahe gekommen ist“. Mit dem Nahegekommensein des Reiches der Himmel ist die Anwesenheit des Sohnes Gottes auf Erden gemeint. Deshalb sagt auch Jesus in Lk.17,21: „Siehe, das Reich Gottes ist mitten unter euch.“ Bemerkenswert ist, daß er vom „Reich Gottes“ spricht. Dieser Ausdruck kommt im Neuen Testament mehr vor als „Reich der Himmel“. Während „Reich der Himmel“ (die Juden durften den Namen Gottes nicht gebrauchen und umschrieben ihn mit dem Wort „Himmel“) primär im Blick auf Israel verkündigt wird und sekundär Anwendung auf die Gnadenzeit zuläßt, wird im Ausdruck „Reich Gottes“ primär die Gemeindezeit gesehen und sekundär das Zeitalter des Millenniums. Das Reich der Himmel und das Reich Gottes ist das gleiche Reich. Die Wesenszüge treten jedoch unterschiedlich hervor. In der Zeit der Verkündigung des Reiches der Himmel wird auch die Verkündigung des Evangeliums des Reiches Gottes vordergründig gesehen. Da Israel das Evangelium des Reiches Gottes nicht angenommen hat, sollte den Nationen das „Reich Gottes gegeben werden“ (Mt.21,43). Der Herr sagt hier nicht, den Heiden das „Reich der Himmel“ zu geben. Zu den Nationen sollte die Gnade kommen, die wesenhaft Bestandteil des Reiches Gottes sein würde.
Die Himmelreichs-Gleichnisse haben auch den zeitlichen Ablauf des Geschehens während der Zeit des Neuen Testaments zum Inhalt, nämlich von der Aussaat des Samens des Wortes bis zur Wiederkunft des Bräutigams und Sohnes des Königs, im Geschehensablauf für Israel unter dem Zeichen des „Evangeliums des Reiches“ (Mt.4,23). Der Geschehensablauf von der Aussaat des Wortes bis zur Wiederkunft Jesu wird der Gemeinde im „Evangelium der Gnade“ (Apg.20,24) verkündigt.
Wie schon erwähnt, wird in den Himmelreichs-Gleichnissen Gutes und Böses im Reich der Himmel vorgefunden. Jeweils erst am Ende wird dieser Tatbestand durch trennende Scheidung aufgehoben (Mt.13,30; 13,40; 18,34; 22,8.13; 25,10-12). Danach ist also das Reich der Himmel ein Zeitabschnitt, in dem das Gute und das Böse sich – zeitlich zusammen! – finden lassen.
Die Zeichen
Nur ganz kurz soll hier auf die „Zeichen“ eingegangen werden. Die „Zeichen“ erfolgen in der Zeit der Verkündigung des Evangeliums des Reiches, aber während der Gnadenzeit finden wir sie nicht. Genau genommen begleiteten Zeichen die Evangeliumsverkündigung bis zu den Anfängen der Gemeinde, als Gottes Wort noch nicht vollständig vorhanden war. Der Apostel Paulus sollte doch nach Kol.1,25 das Wort Gottes vollenden! Als das herrliche Zeugnis des Wortes Gottes Neuen Testaments vollendet war, mußte das Hilfsmittel „Zeichen“ zurücktreten. Erst wenn die Gemeinde aufgenommen (entrückt) sein wird, lesen wir in der Offenbarung von den mit Israel in Zusammenhang gebrachten gewaltigen Zeichen – Zeichen nicht nur an Sonne, Mond und Sternen!
Die Schlüssel
Nach Mt.16,19 will der Herr dem Petrus die Schlüssel des Reiches der Himmel geben. Mit einem Schlüssel können verschlossene Dinge „aufgeschlossen“ werden. Bezeichnend ist noch die Mehrzahl „die Schlüssel“, also mehr als ein Schlüssel.
Mit dem ersten Schlüssel schloß Petrus in der großen Pfingstrede dem Volk Israel das Himmelreich auf (Apg.2,38). „Tut Buße“ war der Anfang des Schlüssels. Israel sollte durch Buße wieder zum echten Glauben gebracht werden. Der Glaube war Israel bekannt, das Herz aber von Gott weit entfernt. Deshalb wurde Johannes dem Täufer der Bußruf gegeben.
Mit dem zweiten Schlüssel schloß Petrus den Heiden das Himmelreich auf (Apg.10,43). Die Nationen sollten durch den ihnen unbekannten Glauben zur Buße gebracht werden. Israel sollte also durch Buße zum echten Glauben (Apg.2,38; Rö.1,16.17) und die Nationen durch Glauben zur echten Buße (Apg.11,18) kommen.
(Vergleiche hierzu: Die Schlüssel Davids in Jes.22,22 und Offb.3,7, die sich auch in den „gewissen Gnaden Davids“ – Jes.55,3 und Apg.13,34 – finden. David kannte die Vergebung, und Christus brachte die Vergebung, worin die prophetischen Aussagen Erfüllung fanden).
Besonderes
„Jesus aber sprach: Lasset die Kindlein, und wehret ihnen nicht, zu mir zu kommen, denn solcher ist das Reich der Himmel“ (Mt.19,14). Hier meint der Herr nicht die Ewigkeit, sondern daß die Nachkommen Israels (Kindlein) nicht zum Gesetz, wohl aber zu Jesus kommen sollten – ins Reich der Himmel –‚ was ihnen nicht verwehrt werden sollte.
Der Ausdruck Himmelreich oder Reich der Himmel kommt im Neuen Testament 32mal vor. 32 bedeutet nach der Zahlensymbolik Kampf.
Die zehn Himmelreichs-Gleichnisse
Reihenfolge im Matthäus-Evangelium
1. Gleichnis vom Reich der Himmel (Mt.13,24-30): Aussaat des Samens und Behinderung durch Satan
2. Gleichnis vom Reich der Himmel (Mt.13,31.32): Aussaat des Senfkorns und Behinderung durch Dämonen
3. Gleichnis vom Reich der Himmel (Mt.13,33): Gemeinschaft im Weib und Behinderung durch Sünde
4. Gleichnis vom Reich der Himmel (Mt.13,44): Das verborgene Leben in der Welt
5. Gleichnis vom Reich der Himmel (Mt.13,45.46): Die Leibesgemeinde Jesu, eine sehr kostbare Perle in der Welt
6. Gleichnis vom Reich der Himmel (Mt.13,47-50): Der Mensch in der Welt
7. Gleichnis vom Reich der Himmel (Mt.18,23-35): Die Vergebung Gottes in der Welt
8. Gleichnis vom Reich der Himmel (Mt.20,1-16): Der Lohn Gottes im Himmel und auf Erden
9. Gleichnis vom Reich der Himmel (Mt.22,2-14): Die Fruchtbarkeit im Himmel und auf Erden
10. Gleichnis vom Reich der Himmel (Mt.25,1-13): Hochzeit des Lammes im Himmel und auf Erden
Besondere Kennzeichen
Gleichnis 1-3 Die Behinderung im Reich der Himmel
Gleichnis 4-7 Gottes Wirken im „Reich der Himmel“ in der Welt
Gleichnis 8-10 Die Dinge Gottes in Zeit und Ewigkeit
Merkmale und Symbolik
1. Himmelreichs-Gleichnis Merkmal: 1 Feind
2. Himmelreichs-Gleichnis Merkmale: 2
a) Baum als dargestellte Weltgröße
b) Vögel als satanische Gäste
3. Himmelreichs-Gleichnis Merkmale: 3
a) Sauerteig
b) Weib
c) Mehl
Zur Verstärkung werden drei Maß Mehl genannt
Im 4. bis 9. Himmelreichs-Gleichnis wechselt das jeweilige Merkmal auf die Bedeutung der Zahlensymbolik über, wobei jede Zahl der Reihenfolge der Himmelreichs-Gleichnisse eine tiefere Bedeutung hat.
4. Himmelreichs-Gleichnis 4 bedeutet Welt
5. Himmelreichs-Gleichnis 5 bedeutet Gnade
6. Himmelreichs-Gleichnis 6 bedeutet Mensch
7. Himmelreichs-Gleichnis 7 bedeutet göttliche Vollkommenheit
8. Himmelreichs-Gleichnis 8 bedeutet Erneuerung
9. Himmelreichs-Gleichnis 9 bedeutet Frucht
10. Himmelreichs-Gleichnis Merkmal: 10 Jungfrauen
Das erste Gleichnis vom Reich der Himmel (Mt.13,24-30)
„Das Reich der Himmel ist einem Menschen gleich geworden, der guten Samen auf seinen Acker säte. Während aber die Menschen schliefen, kam sein Feind und säte Unkraut mitten unter den Weizen und ging hinweg. Als aber die Saat aufsproßte und Frucht brachte, da erschien auch das Unkraut. Es kamen aber die Knechte des Hausherrn hinzu und sprachen zu ihm: Herr, hast du nicht guten Samen auf deinen Acker gesät? woher hat er denn Unkraut? Er aber sprach zu ihnen: Ein feindseliger Mensch hat dies getan. Die Knechte aber sprachen zu ihm: Willst du denn, daß wir hingehen und es zusammenlesen? Er aber sprach: Nein, damit ihr nicht etwa beim Zusammenlesen des Unkrauts zugleich mit demselben den Weizen ausraufet. Laßt es beides zusammen wachsen bis zur Ernte, und zur Zeit der Ernte werde ich den Schnittern sagen: Leset zuerst das Unkraut zusammen und bindet es in Bündel, um es zu verbrennen; den Weizen aber sammelt in meine Scheune.“
Symbolik
Im ersten Himmelreichs-Gleichnis finden wir einen Gegenstand: einen Feind.
Bedeutung
Zuerst lassen wir uns daran erinnern, daß dieses erste Gleichnis vom Reich der Himmel nicht nur am Anfang steht, sondern auch mit dem Anfang einer Entwicklung beginnt: Aussaat des Samens. Das Himmelreich ist in ein Vergleichsbild gestellt.
Die Vorgeschichte dieses Himmelreichs-Gleichnisses wollen wir im gleichen Kap., V.1-23 nachlesen. Die vom Herrn selbst gegebene Erläuterung des Gleichnisses in V.36-43 führt in Vorgang und Wirkung der Evangeliumsverkündigung im einzelnen ein und gibt zugleich einen Durchblick auf das Zeitalter.
Ein Säemann ist ein Landmann, von dem in Jak.5,7 steht, daß er Geduld hat. Acker und Samen gehören ihm, und an seiner hingebenden Arbeit des Säens ist zu erkennen, daß er Frucht will: „der guten Samen auf seinen Acker säte“ (Mt.13,24). „Der den guten Samen sät, ist der Sohn des Menschen, der Acker aber ist die Welt“ (V.37.38). Der Sohn Gottes vergleicht sich mit einem Menschen. Der Acker ist die Erde, die er selbst geschaffen hat und die damit Gott gehört. Der Same ist das Wort Gottes (Lk.8,11). Wir erinnern uns, daß die Zeit des Reiches der Himmel mit dem Kommen des Sohnes Gottes auf die Erde begann. Er ist die Erfüllung der Frohen Botschaft: „das Reich der Himmel ist nahe gekommen“ (Mt.3,2; 4,17). Die Zeit des Reiches der Himmel setzt sich seit der Ausgießung des Heiligen Geistes fort mit der Verkündigung des Evangeliums an die Nationen, danach in der Gerichtszeit mit den beiden Zeugen (Offb.11,1-13) bis zum 1000-Jahr-Reich.
Gerade dann, als die Menschen schliefen, kam der Feind und säte Unkraut. Uns Menschen haftet an, daß wir geistlich schlafen. Schlaf macht blind über sich selbst und über die Gefahr, in der man sich befindet. So wird auch die Gemeinde in Ephesus durch den Apostel Paulus angesprochen: „Wache auf, der du schläfst, und stehe auf aus den Toten, und der Christus wird dir leuchten!“ (Eph.5,14). Der Feind kennt unsere empfindlichen Stellen. Wenn wir nicht wachen, werden wir von ihm angegriffen. Der Feind sucht sich dafür immer den schwächsten Punkt aus: Während die Menschen schliefen, hat er, der nach V.39 Teufel genannt wird, Unkraut zwischen den guten Samen gesät. Gewiß haben wir neben den Söhnen des Reiches und den Söhnen des Bösen, die durch den guten Samen und das Unkraut dargestellt werden, auch die gute und die falsche Lehre zu sehen. Wir merken es ja nicht, wenn der Feind die böse Saat hineinwirft. Wir nehmen die böse Saat erst wahr, wenn sie aufgegangen ist.
„An ihren Früchten werdet ihr sie erkennen“ (Mt.7,16). Die Söhne des Reiches werden in Mt.13,29 Weizen genannt. Es ist der gute Same, der zugleich auf gutes Land gefallen ist. Die Frucht aus dem Samen des Feindes sind die Bösen. Disteln können auch auf gutem Boden wachsen.
Die Knechte des Hausherrn sprachen zu ihm (V.28): „Willst du denn, daß wir hingehen und es (das Unkraut) zusammenlesen?“ Nach V.39 sind diese Knechte die Engel. Sie schlagen vor, durch ihr Eingreifen dem Umtrieb der Sünde, des Bösen ein Ende zu setzen. Aber der Herr sagt: „Nein, damit ihr nicht etwa beim Zusammenlesen des Unkrauts zugleich mit demselben den Weizen ausraufet“ (V.29). Durch die Gerichtsgewalt der Engel wäre nicht nur das Unkraut umgekommen, sondern hätte der Weizen, der gute Same, auch Schaden gelitten.
Obgleich die Engel dienstbare Geister sind, ist ihnen die Liebe Gottes zu uns Menschen fremd. Die Engel stehen vordergründig auf dem Boden des Gehorsams und nicht auf dem Boden der Liebe. Gnade Gottes kennen sie nicht. Noch heute ist ihnen unerklärlich, daß Gott mit uns Gemeinschaft pflegt, dieweil wir noch mit Sünden in Verbindung stehen. Ihnen ist das Verhalten Gottes zu uns ein einziges Geheimnis (siehe 1.Petr.1,12).
Weizen und Unkraut
Im Reich der Himmel soll um der Auserwählten willen beides wachsen: Weizen und Unkraut, die Söhne des Reiches und die Söhne des Bösen (V.33). Ist es nicht der Ausdruck der Liebe Gottes zu den Menschen, daß es der treue Herr regnen läßt über Gerechte und Ungerechte (Mt.5,45)? Wie ganz anders wollten es die Engel tun. In ihrer Machtentfaltung gegen das Böse hätten sie nicht nur das Unkraut, sondern auch den Weizen mitvernichtet. In all ihren Handlungen der Macht erblicken wir Gottesdienst, der nicht von der Liebe des Herrn, dafür aber vom Gehorsam getragen ist.
Beides, Weizen und Unkraut, sollen wachsen, aber nur auf eine bestimmte Zeit; es soll die Ernte sein. Die Vollendung dieses Zeitalters ist gleichzeitig die Menschen-Ernte, die durch die Engel-Schnitter eingebracht wird (V.39). Aus diesem Grunde erkennen wir auch dieses Gleichnis des Reiches der Himmel auf die Gemeinde bezogen, primär jedoch auf Israel abgestimmt. Denn nicht die Gemeindezeit steht unter vordergründiger Wirksamkeit der Engel, sondern die Heilsgeschichte Israels. In der Gemeindezeit redet der Heilige Geist und das treue Wort Gottes mittels unseres Glaubens zu uns. So wie im Garten das Unkraut verbrannt wird, behandelt Gott die Menschen der Saat des Bösen im Feuer des kommenden Gerichtes – es wird alles verbrannt.
Der Säemann ist auch der Herr der Ernte. Sein Befehl gilt den Engeln, um in seinem Reiche alle Ärgernisse zusammenzulesen (V.41). Wörtlich sagt der Herr: „Leset zuerst das Unkraut zusammen“ (V.30). Die Vollendung des Zeitalters der Gnade schließt mit dem Feuergericht ab (Gerichtszeit zwischen Gnadenzeit und 1000-Jahr-Reich). Das Zusammenlesen des Unkrautes ist, die Söhne des Bösen in den Feuerofen zu werfen, wo das Weinen und das Zähneknirschen sein wird (V.42). Es ist das Zorngericht Gottes über ein unversöhntes Menschengeschlecht. Deshalb werden die Bewohner der Erde „zuerst“ (V.30) in das Gericht kommen, um zu verbrennen, bevor die Gerechten leuchten wie die Sonne im Reiche ihres Vaters. Wir erkennen ganz klar, daß zuerst das furchtbare Gericht kommt, bevor des Vaters Reich anbricht.
Das Reich des Vaters
Was ist nun eigentlich das Reich des Vaters? In 1.Kor.15,21 wird die göttliche Ordnung der Auferstehung der Toten mitgeteilt und in den V.23 und 24 näher angegeben:
1. „der Erstling, Christus; sodann die, welche des Christus sind bei seiner Ankunft“:
a) Wiederkunft Jesu zur Heimholung der Gemeinde nach 1.Kor.15,51; 1.Thes.4,16.17; Hebr.9,28;
b) Wiederkunft Jesu zum Gericht nach 2.Thes.1,7-10 und Offb.19.
2. „dann das Ende, wenn er das Reich dem Gott und Vater übergibt.“
Weitere Bibelstellen sind Mt.26,29 und Mk.11,10.
In der Bezeichnung „Reich des Vaters“ (Mt.13,43) erkennen wir nach 1.Kor.15,24-28 die Vollendung: „wenn er weggetan haben wird alle Herrschaft und alle Gewalt und Macht. Denn er muß herrschen, bis er alle Feinde unter seine Füße gelegt hat. Der letzte Feind, der weggetan wird, ist der Tod. Denn alles hat er seinen Füßen unterworfen. Wenn er aber sagt, daß alles unterworfen sei, so ist es offenbar, daß der ausgenommen ist, der ihm alles unterworfen hat. Wenn ihm aber alles unterworfen sein wird, dann wird auch der Sohn selbst dem unterworfen sein, der ihm alles unterworfen hat, auf daß Gott alles in allem sei.“
Die Bedeutung der Bündelung
Warum, könnten wir fragen, soll nach Mt.13,30 das Unkraut (Söhne des Bösen) gebündelt ins Gerichtsfeuer gebracht werden? Die bündelweise Verbrennung läßt recht wesenhafte Unterschiede bei der Ewigkeitskremation der Gesetzlosen erkennen.
Einen gewissen Einblick erhalten wir in Lk.12,47.48, wo ein Knecht um den Willen seines Herrn wußte, aber nicht danach handelte und deshalb mit vielen Schlägen geschlagen werden soll – nach dem Wort seines Herrn. Wer nun um den Willen des Herrn nicht wußte, „aber getan hat, was der Schläge wert ist“, wird nur mit wenigen Schlägen bedacht werden. Eine Bündelung deutet unterschiedliche Behandlung der verschiedenen Bündel nach der Schwere der Strafe an. Die Engel Gottes sollen das Unkraut (die Söhne des Bösen) sortieren, gruppieren und bündeln. Dabei wird gleichartiges oder ähnliches Unkraut jeweils zusammengebunden. Das heißt, am Tage des Gerichts werden die Gottlosen von den Engeln gebunden, um in die Verbrennung geworfen zu werden.
Jene beiden Arten gerichtsreifer Knechte von Lk.12,47.48 unterscheiden sich durch Wissen oder Nichtwissen um den Willen des Herrn. Danach zählen zu den Söhnen des Bösen auch solche, die den Willen des Herrn nicht kannten. Hier könnten wir anstelle von „Willen“ auch „Evangelium“ setzen. So schreibt Paulus in 2.Thes.1,8, daß im Gericht Gottes die Engel mit flammendem Feuer kommen werden. Dieses Gericht trifft dann die beiden Arten der Söhne des Bösen (Bündel) von Lk.12, die Paulus in diesem V.8 so bezeichnet:
a) „die Gott nicht kennen“ (Menschen aus den Völkern außer Israel oder, geistlich gesehen, alle, die keine Glaubensverbindung mit dem Herrn eingegangen sind),
b) „die dem Evangelium unseres Herrn nicht gehorchen“
Der Unterschied zwischen den Bündeln wird sein, daß solche, die nie von Gott hörten, aber getan haben, was der Schläge wert ist, mit wenigen Schlägen geschlagen werden; hingegen die, welche das Evangelium kannten, aber nicht danach getan haben – mit vielen Schlägen bedacht werden.
Die Verbrennung selbst wird ewiger Tod sein und an dem Ort stattfinden, wo Weinen und Zähneknirschen sein wird.
Die Ernte
Den Weizen, die Söhne des Reiches, wird man sammeln; sie sind bestimmt für die Scheuer Gottes. Dann wird der aufgegangene gute Same leuchten sonnengleich in des Vaters Reich.
Das Zusammenlesen des Unkrauts entspricht einer „Sammlung der Gottlosen“ zum Gericht. Das Sammeln des Weizens entspricht (V.30) einer „Sammlung der Heiligen zum Eingang ins Reich“. Beide Sammlungen finden wir in der Offenbarung. In Offb.16,13.14 erkennen wir eine Sammlung der Gottlosen zum Kampf gegen Gott und zum Gericht. In den folgenden V.15 und 16 haben wir dort eine Sammlung der Heiligen nach Harmagedon der Rettung Israels.
Der Feind Gottes
Dem friedlichen Wirken des Säemanns im Reiche der Himmel und der Fruchtbarkeit des ausgestreuten guten Samens steht der Feind gegenüber. Sein Unkrautsäen, sein Verführen im Zeitraum des Reiches der Himmel ist vorgeschattet durch seine Verführung Evas beim Sündenfall. Heute wie damals tritt der Feind auf, um verführerischen Unkrautsamen der Lüge in die Seelen zu säen, damit die Menschen von Gott abfallen oder die Rettung durch den Glauben an den Herrn Jesus nicht in Anspruch nehmen. Die Auswirkung seiner Unkrautsaat ist die Sünde (Getrenntsein von Gott), die das Verderben in der Finsternis und den Tod zur Folge hat.
Gott aber hatte einst seinen göttlichen Odem dem ersten Menschen Adam eingehaucht und legte damit das Samenkorn des Lebens für ein ganzes Menschengeschlecht. So finden wir guten und bösen Samen, Leben und Tod, Wahrheit und Lüge und durch Jesus die Errettung von Sünde und Tod besonders im jetzigen Zeitalter des Reiches der Himmel.
Das zweite Gleichnis vom Reich der Himmel (Mt.13,31.32)
„Das Reich der Himmel ist gleich einem Senfkorn, welches ein Mensch nahm und auf seinen Acker säte; das zwar kleiner ist als alle Samen, wenn es aber gewachsen ist, so ist es größer als die Kräuter und wird ein Baum, so daß die Vögel des Himmels kommen und sich niederlassen in seinen Zweigen.“
Symbolik
Im zweiten Himmelreichs-Gleichnis finden wir zwei Merkmale: Baum und Vögel.
Bedeutung
Ähnlich wie beim ersten Himmelreichs-Gleichnis spricht der Herr Jesus auch hier vom Säen, das am Anfang des Wachstums steht. Während beim ersten Gleichnis viele Weizenkörner auf den Acker gesät wurden, redet der Herr hier nur von einem Senfkorn.
Das Reich der Himmel wird verglichen mit einem Samenkorn des Senfes. Das Senfkorn ist kleiner als etwa die Samen der Getreidearten, und dennoch wird ein Baum daraus. Inzwischen haben wir aus dem ersten Gleichnis vom Reich der Himmel gelernt, daß im Himmelreich zugleich Gutes und Böses enthalten ist und „Reich der Himmel“ einen Zeitabschnitt ausdrückt, in dem das Wort Gottes nahe gekommen ist. Ebenso wie der Senfbaum mit einem Samenkörnlein begann, wird auch das Himmelreich gesehen.
Der Same
Der Mensch, der das Senfkorn nahm, ist wiederum (nach V.37) der Sohn des Menschen. Der Same ist das Wort, das der Herr in zubereitetes Land säte. Von Gott her ist alles, was unser Herr getan hat, zur Fruchtbarkeit bestimmt. Wenn sein Wort nicht aufgehen kann, hat es an den Menschenkindern gelegen, die den guten Samen nicht als Wort Gottes aufnahmen. Jenes Senfkorn warf der Säemann auf seinen Acker. Sein Acker ist doch die Welt (V.38). Das also, was in der Welt vom Wort Gottes hervorkommt, reift aus bis zur Größe eines Baumes.
Der Baum im Gleichnis redet von der Weltgröße. Jetzt geben wir acht: Wenn der Herr Jesus unsere Jetztzeit meint, spricht er: „Mein Reich ist nicht von dieser Welt“ (Joh.18,36). Damit weist der Herr auf das Reich hin, von dem in Dan.4,3 steht: „Sein Reich ist ein ewiges Reich und seine Herrschaft währt von Geschlecht zu Geschlecht!“ Das Tausendjahrreich der Herrschaft Jesu Christi auf Erden ist eine Vorschattung dieses ewigen Reiches.
Damit deutet der Baum im Zustand des höchsten Wuchses auf das Millennium hin.
In der gegenwärtigen Zeit der Gnade können wir aufgrund des ausgestreuten Samens ebenfalls von einem Baum aus dem aufgegangenen Gotteswort sprechen. Denken wir nur an die vielen Kirchen, Freikirchen und Gemeinschaften. Alles ist zu einem gewaltigen Gebilde gleich einem Baum geworden. Weil aber diese jetzige Welt nicht das Reich unseres Herrn ist, lassen sich heute viele Vögel im Geäst des Baumes nieder.
Dieser Baum in der Gemeindezeit ist zwar gut gewachsen, sein Wuchs hat aber nicht nur den Söhnen des Reiches gedient. Auch die Söhne des Bösen haben sich darin eingebürgert. Von jeher war es ein Anliegen Satans, die Kinder Gottes mit den Nichterretteten in Gemeinschaft zu bringen. Bileam ist ein alttestamliches Musterbeispiel für die Absicht des Feindes. Die wirksamsten Mittel Satans waren die falschen und halbfalschen Lehren. Wenn der Feind die Gemeinde Jesu – in der Geschichte bewiesen – durch Verfolgung von außen nicht schädigen konnte, hatte er aber immer Erfolg durch Vermischung. Darum ist heute das Zeugnis der Christen nicht stärker, weil den Vögeln Raum gegeben wird.
Die Symbolik des Baumes im Alten Testament
Bezeichnend ist, daß die Bibel an mehreren Stellen als Darstellung der Weltgröße einen Baum wählt. Wir lesen in Dan.4,10-12 von einem Baum gewaltiger Höhe als Zeichen der Weltgröße im Reich Nebukadnezars. Ein ähnliches Vergleichsbild der Weltgröße bringt Hesekiel in Kap.31,3 von Assyrien!
Die prophetische Dimension des Gleichnisses
Für ein Gotteskind, das im Wort des Herrn durch den Geist Gottes unterwiesen ist, dürfte es nicht schwer sein zu erkennen, daß viele Weissagungen des Herrn Jesus in Mt.24 Israel betreffen. In Mt.24,27 finden wir das Zeichen des Gerichts, den Blitz. Mit dem Blitz wird die Wiederkunft des Sohnes des Menschen verglichen.
Der Ausdruck „Sohn des Menschen“ hebt das Wunderbare hervor, daß Gottes Sohn Mensch wurde. Jesus nahm unsere Sünde auf sich und starb unschuldig am Kreuz als Verworfener. Aber gerade in seiner Verwerfung hat Gott ihm den Sieg gegeben, weil er sein Leben freiwillig opferte. Die Aufschrift an seinen Kreuz „König der Juden“, die eigentlich den Hinrichtungsgrund angeben sollte, war Jesu Siegeszeichen schon während er am Kreuz hing. Als Wiederkehrender wird er dann mit großer Herrlichkeit (Mt.24,30) vor den Augen der ganzen Welt triumphieren.
Für die gerichtsreife Welt, die sich im Tod befindet und in jenen Tagen mit pestilentem Geruch in Verwesung übergeht (Mt.24,28), finden wir die Bezeichnung „Aas“. Dort wird auch die Sammlung der Adler oder Geier sein, die auf die unreinen Geister schließen lassen.
Der Engel in Offb.18,2 mit der Botschaft „Gefallen ist Babylon, die große“, ruft weiter: „und ist eine Behausung von Dämonen geworden und ein Gewahrsam jedes unreinen Geistes.“ Diese Geister werden bildlich als unreine und gehaßte Vögel bezeichnet. In Mt.13,4 lesen wir von Vögeln, die den Samen wegfraßen. Dies wird vom Herrn den Jüngern so erklärt, daß der gute Same das Wort ist (V.19). Die erwähnten Vögel sind Teufelsgeister oder der „Böse“, der das Wort vom Reich wegnimmt. Mit diesen wenigen Schriftstellen dürfte genügend aufgezeigt sein, daß die Bibel die Mächte der Bosheit im Bild der Vögel darstellt.
Im Tausendjahrreich wird der Baum den größten Wuchs haben. Dann wird sich in den Zweigen Friede niederlassen; denn der Satan ist während dieser tausend Jahre in den Abgrund verschlossen, „auf daß er nicht mehr die Nationen verführe“ (Offb.20,3). Danach wird er noch einmal „eine kleine Zeit gelöst werden“, und unreine Vögel werden sich in den Zweigen des Baumes niederlassen, bis der Satan in den Feuer- und Schwefelsee geworfen wird (Offb.20,10).
Diese satanischen Gäste (die Vögel) lassen sich nach dem zweiten Himmelreichs-Gleichnis in den Zweigen des Baumes (Weltgröße) nieder. Was tust du dagegen?
Der Baum des Reiches der Himmel ist der Anfechtung, Verunreinigung (durch die unreinen Vögel und der Vermischung mit dem Geist der Finsternis ausgesetzt. Aber in Offb.2,7 steht von einem Baum, zu dem die Finsternis keinen Zugang hat: „Dem, der überwindet, dem werde ich zu essen geben von dem Baume des Lebens, welcher in dem Paradiese Gottes ist.“
Das dritte Gleichnis vom Reich der Himmel (Mt.13,33)
„Das Reich der Himmel ist gleich einem Sauerteig, welchen ein Weib nahm und unter drei Maß Mehl verbarg, bis es ganz durchsäuert war.“
Symbolik
Im dritten Himmelreichs-Gleichnis finden wir drei Merkmale: Sauerteig, Weib, Mehl. Der Herr spricht von drei Maß Mehl, wodurch die Dreizahl bekräftigt wird. Drei bedeutet nach der Zahlensymbolik Gemeinschaft.
Bedeutung
Nach der Aussaat des guten Samens vom ersten und zweiten Himmelreichs-Gleichnis kommt das Wort zur Wirkung und wird vom Sauerteig (Sünde) – wie im ersten Gleichnis vom Feind und im zweiten Gleichnis von den satanischen Gästen – behindert.
Damit wenden wir uns dem dritten Himmelreichs-Gleichnis näher zu: „Das Reich der Himmel ist gleich einem Sauerteig.“ Der Sauerteig ist in der ganzen Bibel immer ein Sinnbild für das Böse. Es gibt Gläubige, die in der vorbenannten Schriftstelle im Sauerteig etwas Positives erkennen.
Diese Auffassung ist allerdings nicht schriftgemäß. Weil man dem Zustand des Reiches der Himmel nichts Negatives einbinden will, sagt man, hier sei nur von der Wirkung des Sauerteiges geredet – nicht aber vom Sauerteig selbst. Gewiß ist hier auch von seiner Wirkung gesprochen, die aber den Sauerteig (das Böse, die Sünde) nicht ausschließt. Wenn das Wort Gottes im ersten Himmelreichs-Gleichnis davon spricht, daß die Saat des Feindes (das Böse) zwischen dem guten Samen aufgeht, brauchen wir das Vorhandensein der Sünde, dargestellt durch den Sauerteig, in diesem Himmelreichs-Gleichnis nicht zu leugnen.
Das Sprachbild „Sauerteig“ im AT und NT und seine Bedeutung
Die bekanntesten Stellen über Sauerteig im AT und NT finden wir in
2.M.12,15: „Sieben Tage sollt ihr Ungesäuertes essen; ja, am ersten Tage sollt ihr den Sauerteig aus euren Häusern wegtun; denn jeder, der Gesäuertes isset, von dem ersten Tage bis zum siebenten Tage, selbige Seele soll ausgerottet werden aus Israel.“
V.19: Dieser Vers ist dem vorher angeführten V.15 ähnlich, enthält aber nach „ausgerottet werden“ noch den Zusatz: „er sei Fremdling oder Eingeborener des Landes.“
2.M.2,11a: „Alles Speisopfer, das ihr dem Jehova darbringet, soll nicht aus Gesäuertem gemacht werden.“
Mt.16,6: „Sehet zu und hütet euch vor dem Sauerteig der Pharisäer und Sadducäer.“
1.Kor.5,6: „Wisset ihr nicht; daß wenig Sauer teig die ganze Masse durchsäuert?“
V.7: „Feget den alten Sauerteig aus.“
V.8: „Darum laßt uns Festfeier halten, nicht mit altem Sauerteig, auch nicht mit Sauerteig der Bosheit und Schlechtigkeit, sondern mit Ungesäuertem der Lauterkeit und Wahrheit.“
Niemals ist in der Bibel der Sauerteig (auch nicht in Mt.13,33) ein Bild für das Gute, sondern immer für die Sünde. Dieses Böse ist in der Hand des Weibes. Das Weib, ein Bild des Menschen, besitzt aufgrund der freien Willensentscheidung die Möglichkeit, das Böse zu verbergen. So soll es auch im Reich der Himmel sein.
Das Weib
Schon ganz im Anfang bei Schaffung des Menschen und dem Sündenfall finden wir das „Weib“. Der Apostel Paulus bezieht sich in 1.Tim.2,14 auf das damalige Geschehen und sagt: „das Weib aber wurde betrogen und fiel in Übertretung.“ Gott aber gab sein Anrecht am Menschen, der von der Sünde Satans überwältigt wurde, nicht preis. Deshalb der Ausspruch Gottes nach dem Geschehen der Sünde in 1.M.3,15: „Und ich werde Feindschaft setzen zwischen dir (Satan) und dem Weibe.“
Gemeinschaft mit dem Feind und Gemeinschaft mit Gott
Weil die Schlange dem Weib mit Feindschaft (Sünde) begegnet ist (und der Lohn der Sünde der Tod ist), soll zwischen beiden „Feindschaft“ gesetzt werden. Die Feindschaft Satans war, daß die Krone der Schöpfung mit „Tod“ durchdrungen werden sollte. Die Feindschaft Gottes würde sein, daß die Krone der Schöpfung mit „Leben“ durchdrungen werden sollte. Dieser Kampf begann an dem Weib im Garten Eden. Feindschaft bringt immer Verfolgung mit sich. Diese begann infolge der Annahme der Sünde und ist bis zum heutigen Tag geblieben.
„So wie damals der nach dem Fleisch Geborene den nach dem Geiste Geborenen verfolgte“ (Gal.4,29). „Also haben sie die Propheten verfolgt“ (Mt.5,12). „Wenn sie mich verfolgt haben, werden sie auch euch verfolgen“ (Joh.15,20). Selbst Saulus mußte erfahren, daß sein religiöser Eifer nichts anderes als Verfolgung Jesu war (Apg.9,4.5). Sobald wir als Gläubige ganz Ernst mit Jesus machen wollen, tritt selbst unter den Gläubigen Verfolgung* ein, weil man sich durch den gottseligen Wandel des anderen verurteilt weiß (2.Tim.3,12). Dem Anfang der Feindschaft und Verfolgung in 1.M.3 steht im letzten Buch der Bibel Offb.12,13 gegenüber: „Und als der Drache sah, daß er auf die Erde geworfen war, verfolgte er das Weib.“
*) Hierzu eine aufschlußreiche 4seitige Schrift „Goldkörner“ von Johannes Goßner (Best.-Nr. 5236, Verlag der St.-Johannis-Druckerei, 763 Lahr).
Dieses Weib (Mt.13,33) besitzt etwas im Verborgenen: „Leben!“ Das ist die Feindschaft gegen Tod und Sünde. Solcher Kampf bewegt sich bis hin zu jedem Gläubigen; es ist der Streit im Herzen jedes einzelnen, „denn das Fleisch gelüstet wider den Geist“ (Gal.5,17). Das Weib verbindet Sauerteig (das Böse) mit 3 Maß Mehl. Das Mehl ist das Produkt der Samenkörner. Der gute Same ist das Wort Gottes und beinhaltet ewiges Leben.
Jetzt erkennen wir, daß das Weib den Sauerteig (die Sünde) nimmt und mit Mehl (gutem Samen des Wortes) verbindet und in Gemeinschaft bringt. Hier finden wir das Weib im Handeln, den „Tod“ (Bild des Sauerteiges) mit dem „ewigen Leben“ (Bild des Mehles) im Zeichen verbindender Gemeinschaft. Gerade deshalb, weil ein wenig Sauerteig die ganze Masse (sie entspricht dem Fleisch) durchsäuert, gab es keine Rettung am Kreuz für das sündige Fleisch. Ebenso, wie die eine Sünde in Eden nach Rö.5,12 zu allen Menschen hindurchgedrungen ist, wird es auch im Reich der Himmel sein. Das verborgene Böse wirkt, bis alles ganz durchsänert ist. Die Durchsäuerung wird im Weib sein, denn das von Gott gegebene Leben kam mit der Sünde, die Eva annahm, in einen Zustand verborgener Gemeinschaft.
Wie die Tiefe der Verlorenheit für die Gottlosen heute noch verborgen ist, so ist auch unser wirkliches Leben „verborgen mit dem Christus in Gott“ (Kol.3,3).
Der Samen des Weibes, Jesus Christus, ist Träger und Inhalt der Rettungsbotschaft Gottes. Das Wichtigste am Weib ist, daß sie ihn geboren hat (Offb.12,5). In diesem Sohn liegt die Verheißung des Lebens, nicht allein des Weibes, in dem wir in diesem Bibelwort Israel erkennen, sondern auch der übrigen Völker. Der Samen Satans, im Garten Eden am Weib aufgegangen, ist der Tod. Der Samen des Weibes, der verheißene Gottessohn, begann im Garten Gethsemane (ein Vergleichsbild zum Garten Eden) seinen Opfergang zum Tod am Kreuz, wo er „den Tod zunichte gemacht, aber Leben und Unverweslichkeit ans Licht gebracht hat“ (2.Tim.1,10).
Dem Gleichnis zufolge findet das Reich der Himmel seinen Abschluß dann, wenn „es (das Mehl) ganz durchsäuert“ ist, wenn die Sünde das Leben ganz durchsäuert hat. Darauf folgt das Gericht. Die das Wort Gottes aufnehmen, müssen mit Jesus im Gericht am Kreuz sterben, um zum Leben im Licht zu kommen. Die Nichterlösten müssen ebenfalls sterben, aber in Gottes Gericht erwartet sie der zweite Tod (Offb.20,11-15).
Solche unendliche Liebe hat Gott im Sohn geoffenbart, daß Er für uns Tod und Gericht auf sich nahm.
Das dritte Himmelreichs-Gleichnis im Alten Testament
Um nun das Wort recht zu erfassen, wollen wir gemäß Rö.15,4a: „Denn alles, was zuvor geschrieben ist, ist zu unserer Belehrung geschrieben“, die Wunder des dritten Himmelreichs-Gleichnisses im Alten Testament erkennen.
Wir schlagen dazu das 1. Buch Mose auf und lesen von Kap.18 V.1-10. (Bitte erst lesen, damit wir vom Wort gesegnet werden).
Wieder kommen wir auf die Verheißung Gottes zurück und begegnen dort Abraham. Es wird ihm gesagt, daß er im nächsten Jahr den Sohn der Verheißung empfangen soll. Jehova fragt: Wo ist dein Weib Sara?
Das Weib – Eva, die Mutter des Fleisches, empfing die Verheißung der Feindschaft (1.M.3,15). Sara aber empfing die Verheißung des Segens. Auch dann, wenn sie den Sohn der Verheißung empfing, Isaak, fehlte die Rettung. Deshalb geht der Segen auf Israel über und bringt das Volk Gottes im Bilde des Weibes (Offb.12,6). Der von Gott in 1.M.3,15 erwähnte Samen zielt auf den Sohn der Verheißung und Rettung hin – es ist der Herr Jesus.
„Wo ist Sara, dein Weib?“ (1.M.18,9). Dieses Weib horchte im Zelt; denn sie hatte 3 Maß Feinmehl genommen, um Gott zu dienen.
Ist es nicht wundersam, daß Gott uns sein Wort – vorgebildet im Brot aus 3 Maß Feinmehl – gegeben hat, mit dem wir ihm dienen dürfen? Das in der Hand des Weibes geformte und gebackene Brot dient dem Bild der Lebenserhaltung. Ja, des Herrn Wort ist Leben (1.M.18,6). Jetzt werden wir nach dem Sauerteig fragen. Er fehlt nicht. Die Sünde, das Böse war in Sara verborgen, aber dem Herrn offenbar, wie auch wir dem Herrn offenbar sind und vor seinem Richterstuhl (2.Kor.5,10) offenbar sein werden, „auf daß ein jeder empfange, nach dem er gehandelt hat, es sei Gutes oder Böses.“
Wo ist Sara, dein Weib? sprach Jehova. Dieses Weib, in dem nicht nur das Leben wohnte, denn ihr eigener Leib versprach aufgrund ihres fortgeschrittenen Alters wahrhaftig kein Lebensspender mehr zu werden. Tief in ihrem Herzen wohnte gleichzeitig etwas anderes. Ein wenig Sauerteig durchsäuert die ganze Masse. Also war dieses Böse auch in Sara, dem Weib Abrahams. Und wie nach Mt.13,33 jenes Weib den Sauerteig „verbarg“, so war in Sara etwas verborgen – das von DEM erkannt wurde, DER ins Verborgene schaut (1.Kor.4,5). Über die Worte der Verheißung lachte sie in ihrem Inneren; nicht nach außen – Gott vernimmt auch das nach außen Verborgene (Rö.2,16).
Zum Verlachen des Wortes Gottes kam noch die Lüge (1.M.18,12 und 15). Da ward gesehen der Sauerteig des Weibes. Solcher Sauerteig war auch schon vorher in ihr, zwar verborgen – als sie sich um die Zubereitung jener 3 Maß Mehl bemühte.
Ist das Gleichnis nicht auch ein Abbild unseres Zustandes vor dem Herrn? Jakobus sagt es etwas hart: „Aus demselben Munde geht Segen und Fluch hervor. Dies, meine Brüder, sollte nicht also sein“ (Jak.3,10).
So demütigen wir uns unter die mächtige Hand Gottes (1.Petr.5,6), damit wir neu Gnade erlangen zur rechtzeitigen Hilfe (Hebr.4,16).
Das vierte Gleichnis vom Reich der Himmel (Mt.13,44)
„Das Reich der Himmel ist gleich einem im Acker verborgenen Schatz, welchen ein Mensch fand und verbarg; und vor Freude darüber geht er hin und verkauft alles, was er hat, und kauft jenen Acker.“
Symbolik
Im vierten Himmelreichs-Gleichnis finden wir den Schatz im Acker der Welt. Nach der Zahlensymbolik bedeutet 4 = Welt.
Bedeutung
Das Reich der Himmel gleicht einem im Acker verborgenen Schatz. Da nach V.38 der Acker die Welt ist, stellt der Herr das Himmelreich ins Bild der Welt. Was kann schon noch in dieser Welt außer bösen, sündigen Dingen zu finden sein! Hat der listige Feind nicht die ganze Schöpfung völlig ins Verderben gerissen? Oh, gewiß. Unsere Erde ist Zeuge, welche Auswirkungen der Tod hat infolge der Sünde.
Der Mensch, von der Erde genommen (1.M.3,19), war der Erhöhung des Lebens nicht würdig. Infolge der Annahme der Sünde, aber auch deshalb, weil er sich freiwillig unter den Einfluß der Schlange (Satans) begab, die Gott daraufhin verfluchte, mußte der Mensch zur Erde zurückkehren. Inzwischen sind bald 6000 Jahre Menschheitsgeschichte vergangen, obgleich sich an den umfangreichen Folgen des Todes nichts geändert hat. Nach wie vor müssen wir sterben, weil das von Gott geredete Wort unumstößlich ist. Der Tod ist hart, er kennt weder Gnade noch Nachsicht. Seine Brutalität ist gottfeindlich und lichtfremd. Sobald jemand stirbt, fällt das Fleisch, der Leib, in die Finsternis des Grabes. Das menschliche Auge nimmt dann keinerlei Licht mehr wahr. Es handelt sich beim Tod um den Lohn der Sünde (Rö.6,23). Von der Schöpfung Gottes her war dies nicht so bestimmt, denn der Mensch war zum Leben geschaffen. Die Bibel sagt klar: „in seinem Bilde schuf er ihn“ (1.M.1,27). Das hier genannte Bild ist das Bild Gottes, und dieses Bild Gottes kennt keinen Tod; denn „Gott ist nicht ein Gott der Toten, sondern der Lebendigen“ (Mt.22,32).
Der Schatz – das ewige Leben
Was aber ist nun der verborgene Schatz, welchen ein Mensch fand? Nach V.24 und 37 ist der Mensch Jesus Christus. Finden kann man nur das, was einmal verloren worden ist. Das Verlorene ist in der Erde, dem Acker der Welt, zwar verborgen, aber dennoch wertvoll. Es ist das vom Schöpfer gegebene Leben, das auch mit dem Tod nicht endet. Alle Menschen haben bei ihrer Erschaffung ewiges Leben von Gott erhalten, weil Gott einstmals hauchte (1.M.2,7).
Alles, was Gott gehaucht hat, unterscheidet die Bibel vom Gottgeredeten wesenhaft. Das von Gott Gehauchte kann nicht mehr verändert werden!
Da hört man zuweilen Menschen reden und sagen: Wenn die Verlorenen ewiglich im Feuersee gequält werden sollen, weshalb läßt Gott die verlorenen Menschen und abgefallenen Engel, die im Wort als Dämonen bezeichnet werden, nicht einfach verschwinden? Warum soll Gott Lust an ihrer Qual haben?
Gott hat keine Lust an Qual und Plage des Menschen (Klag.3,33). Gott will auch nicht den Tod des Sünders. Der Herr will, daß sich der Mensch zu Gott hinwende und lebe (Hes.33,11).
Genauso wie Gott bei der Erschaffung in den Menschen hauchte, so hauchte Gott auch bei der Erstehung der Engelwelten. Darum lesen wir in Ps.33,6: „Durch Jehovas Wort sind die Himmel gemacht, und all ihr Heer durch den Hauch seines Mundes.“ Hieraus erkennen wir, daß Himmel und Erde „gemacht“ sind und vergehen werden (2.Petr.3,7.10.12.13), weil die Erschaffung durch sein Wort erfolgte. Das Heer des Himmels (die Engel) entstand durch Hauch Gottes wie auch der Mensch. Ebenso steht unsere Wiedergeburt, wodurch der Heilige Geist in uns wohnt, im Zusammenhang mit dem Hauch durch den Sohn Gottes in Joh.20,22. Alles, was durch Gott gehaucht ist, kann auch von Gott her nicht mehr verändert werden, auch nicht durch Gericht. Infolge Hauchen Gottes entsteht also Ewigkeitsleben.
Warum der Schatz verlorenging
Weil nun der Mensch in Eden sich für die Sünde entschieden hat, geht der natürliche Mensch den Weg zum ewigen Tod. Ewig tot sein heißt für immer ausgeschlossen sein aus der Gemeinschaft mit Gott. Da Gott Leben in Überfluß hat, wirkt die Gemeinschaft mit Gott Leben in uns. Gott sieht das von ihm gehauchte Leben im geschaffenen Menschen im Blick auf seine Unvergänglichkeit als Schatz an. Selbst das durch die Sünde in das Verdammnisurteil geratene und verlorene Leben der Menschenkinder ist für Gott kostbar. Allein die durch den Heiland gewordenen Errettungsmöglich-keiten machen jede Seele wertvoll – zu einem Schatz, wenn auch die Gnadenzeit begrenzt ist.
Während in der Gnadenzeit die Rettung durch Buße (Bekehrung und Glauben) im Blick auf das Kreuz und die damit verbundene Gnade weltweit besteht, hat Gott in der Gerichtszeit nur noch Errettung auf dem Berg Zion und in Jerusalem (Joel 2,32) verheißen, wobei genügt: „ein jeder, der den Namen Jehovas anrufen wird, wird errettet werden.“ Im Millennium hingegen bleibt die Rettung derer erhalten, die der Forderung des Evangeliums des Reiches entsprechen: „Fürchtet Gott und gebet ihm Ehre“ (Offb.14,6.7; auch Offb.15,4).
Durch Satans Verführung hat der Sohn Gottes die Seelen der Menschen verloren. Der Sohn Gottes ist nicht nur Retter, sondern auch Schöpfer sowohl der Menschen als auch der Engelwelten (Kol.1,16).
Dem Gleichnis nach ist das Reich der Himmel gleich einem im Acker verborgenen Schatz. Gott gab bei der Erschaffung des Menschen unsterbliches Leben. Damit begann eine ewige Existenz, die zwar der Sünde wegen im Fleisch des Leibes ein Ende fand, in der Seele aber trotz Verlorenheit erhalten blieb. Im Acker der Welt ist dieses Leben verborgen. Christus, der Retter der Welt, hat das Evangelium zur Erlösung gegeben. Die Bewohner der Erde ahnen nicht, wie greifbar nahe den verlorenen Seelen die Rettung zum ewigen Leben liegt. Wohl wird das Wort des Evangeliums von vielen gehört, die wenigsten aber sind bereit, die Herzen dafür aufzutun. Der Same der Frohen Botschaft ist in uns, den Glaubenden, als Frucht, das ewige Leben, aufgegangen. Aus reiner Hirtenliebe kam der Herr Jesus zu uns, um das geschaffene Leben, das durch die Sünde in der Gottesferne steht, nunmehr mit ewigem Herrlichkeitsleben zu verbinden. „Denn der Sohn des Menschen ist gekommen, zu suchen und zu erretten, was verloren ist“ (Lk.19,10).
Das vierte Hiinmelreichs-Gleichnis bei Lukas (Vergleich)
Im vierten Gleichnis vom Reich der Himmel werden in Gegenüberstellung zu Lk.15 vier Dinge groß, die verloren waren und wiedergefunden wurden.
Lk.15,4-6: Das verlorene Schaf, das der gute Hirte aus Liebe sucht und wiederfindet. Das Wiederfinden
bedeutet Lebensrettung und Freude.
7: Der verlorene Sünder, der bei aufrichtiger Buße sogar Freude im Himmel auslöst.
9: Die verlorene Drachme, die wiedergefunden wurde, brachte große Freude. Für die Finderin der
Drachmewar das Geld wertvoll wie ein Schatz; deshalb die Freude darüber.
24: Der verlorene Sohn, der wiedergefunden wurde, erfreute durch seine Bußgesinnung das Herz des
Vaters.
Die Verborgenheit des neuen Lebens
Der Herr Jesus war es, der den verborgenen Lebensschatz im Acker der Welt fand und ihn neu verbarg. Das, was der Sohn des Menschen neu verbarg, war Ewigkeitsleben durch Rettung. Damit uns neues Leben zuteil werden konnte, gab Er, der Herr des Lebens, sein eigenes Leben hin. Mit der Hingabe seines Lebens nahm er den Tod auf sich, um uns am ewigen Leben in Herrlichkeit teilhaben zu lassen.
Jesus nahm also unseren Teil – den ewigen Tod – auf sich und teilte uns seinen Teil – das ewige Leben – mit. Er gab sich stellvertretend hin und ließ zu, daß sein Leib ins Grab gelegt wurde. Nur so konnte der Herr neue Lebensfrucht bewirken, weil er als das wahre Weizenkorn starb (Joh.12,24).
Auch daß durch seine bahnbrechende Tat – durch seinen Tod am Kreuz und seine Auferstehung – die Tür zum ewigen Leben geöffnet wurde, blieb der Welt verborgen. Genauso wie sie den Herrn der Herrlichkeit verwarfen, lehnen auch heute die Menschen dieses Zeitlaufs das ewige Leben ab. Durch den Sohn Gottes empfangen wir neues Leben, wenngleich es nach außen völlig verborgen scheint. Von diesem Ewigkeitsleben zeugt der Apostel Paulus, daß unser Leben verborgen ist mit dem Christus in Gott (Kol.3,3). Weshalb opferte sich eigentlich der Herr bis zum Tod? Wegen der großen Freude über das einst verlorene und wiedergefundene Leben erduldete er das Kreuz (Hebr.12,2). Und vor Freude über die Rückkehr zum Vater in die ewige Herrlichkeit „ging er hin“. Sein „Hingehen“ schloß gleichzeitig einen hohen Preis in sich. Er verkaufte alles, was er hatte: Er gab sein Leben als hohen Kaufpreis, um uns von der Sünde loszukaufen, und behielt nichts für sich zurück.
Seitdem der Heiland gestorben und auferstanden ist, hat er den Sündern, die erkennen, daß sie verloren sind, die einzigartige Chance des ewigen Lebens aus der Hand des Vaters dargereicht. Für den Glaubenden ist dieses Leben bereits jetzt Wirklichkeit. Haben wir die Gnadenhand unseres Herrn schon erfaßt?
Die prophetische Dimension des Gleichnisses
Die Rettung verläuft im Reich der Himmel je nach der von Gott gegebenen Ordnung (siehe oben im Abschnitt „Warum der Schatz verlorenging“). Heute, in der Zeit der Nationen, ist Rettung in Buße und Glauben, aber auch in Annahme des ganzen Opfers Jesu am Kreuz nötig.
In der Gnadenzeit ist die Frucht des Schatzes sichtbar im Leben der Gemeinde. Jetzt ist die Gemeinde noch in der Welt, Gott aber offenbart das neue Leben in Herrlichkeit des Himmels, wenn Christus, unser Leben, geoffenbart werden wird (Kol.3,4).
In der Gerichtszeit ist die Frucht des Schatzes sichtbar im Leben des Überrestes vom Volk Israel, der 144`000; es herrscht dann zwar eine schreckliche Zeit, trotzdem wird neues Leben auf Erden offenbar.
Im vierten Himmelreichs-Gleichnis geht es um den verborgenen Lebensschatz im Todesacker dieser Welt.
Das fünfte Gleichnis vom Reich der Himmel (Mt.13,45.46)
„Wiederum ist das Reich der Himmel gleich einem Kaufmann, der schöne Perlen sucht; als er aber eine sehr kostbare Perle gefunden hatte, ging er hin und verkaufte alles, was er hatte, und kaufte sie.“
Bedeutung
Im fünften Himmelreichs-Gleichnis finden wir das Kostbarste des Schatzes vom vierten Gleichnis des Reiches der Himmel – „die wertvolle Perle“. Weil diese kostbare Perle auf die Gemeinde weist und die Gemeinde weder mit Gesetz noch mit Gericht, noch mit der Geschichte Israels zu tun hat, finden wir die kostbare Perle in der herrlichen Zeit der Gnade!
Symbolik
Nach der Zahlensymbolik bedeutet 5 = Gnade! So bedeuten die 5 Wunden Christi Gnade – ausreichend für alle Menschen. Fünf Säulenhallen hatte Bethesda (Joh.5,2), das „Haus der Gnade“ heißt.
Der Kaufmann
Wenn das Reich der Himmel gleich einem Kaufmann sein soll, erkennen wir ohne Schwierigkeiten im Kaufmann den Sohn des Menschen, den Herrn Jesus. Den Mittelpunkt all dieser Gleichnisse bildet ohnedies der Herr. Im 1. Gleichnis sehen wir ihn als Sämann. Im 2. Gleichnis als den, der das Senfkorn säte. Im 3. Gleichnis finden wir die Frucht des Samens bereits in der Hand des Weibes. Im 4. Gleichnis steht der Herr da als der, welcher den Kaufpreis des Lebens gibt. Und hier im 5. Gleichnis stellt sich der Herr als Kaufmann vor, der schöne Perlen sucht.
Die Perlen sind ein Beiprodukt der Muscheln und werden auf dem Meeresboden gesucht. Die Perlen haben recht unterschiedlichen Wert. Der Kaufpreis hängt ab von Form, Größe und Schönheit. In früheren Zeiten wurden Perlen als Zahlungsmittel benutzt. Ein Kaufmann lebt vom Umsatz. Aber das, was dieser Kaufmann gesucht und gefunden hat, will er nie mehr verkaufen. Seine Zielsetzung war, sich selbst in den Besitz dieser kostbaren Perle zu bringen. Ja noch mehr, er hat so lange gesucht, bis er diese Perle gefunden hat. Die Perle war nicht nur schön, sondern auch teuer! Um den notwendigen Kaufpreis für den Erwerb der Perle zu erhalten, mußte das Letzte, was er hatte, verkauft werden. Der Wert dieser einen Perle war aber so hoch, daß es für ihn, den Kaufmann, nichts mehr gab, das er noch hätte für sich zurückbehalten können. Er mußte aus Liebe zur kostbaren und schönen Perle das Letzte geben. An diesem Kaufmann wollen wir erkennen, daß er nicht nach den Gepflogenheiten des Geschäftes tat. Seine Liebe galt nicht dem gewinnbringenden Umsatz, sondern dem eigenen Besitz. Als er alles verkauft hatte, war der nötige Kaufpreis vorhanden, und er kaufte die Perle.
Vergleich zum Alten Testament
Der Wert der Perlen war schon Hiob bekannt. Weisheit ist ihm allerdings wichtiger: „Der Besitz der Weisheit ist mehr wert als Perlen“ (Hiob 28,18).
Die prophetische und heilsgeschichtliche Dimension des Gleichnisses
Die gesamte Heilsgeschichte Gottes beinhaltet die Zeit Israels. Gott begann nach dem Wassergericht der Flut ganz neu mit Abraham und verordnete den Segen ins Blut. Damit reicht die Geschichte Israels von Abraham bis zur Verwerfung des Messias. Dann folgt die Gemeindezeit, die, während Israel beiseite gestellt ist, einen Zeitraum von etwa 2000 Jahren ausmacht.
Sobald also die Gnadenzeit beendet ist, setzt Gott die Geschichte Israels durch Gericht und Frieden (1000-Jahr-Reich) fort, bis die Übergabe des Reiches an den Vater erfolgt, damit Gott alles in allem sei (1.Kor.15,24). Weil Gott auch in Abraham die Nationen gesegnet hat und Abraham der Vater des Glaubens ist, sind die Nationen durch Glauben gesegnet. Dieser Segen ist die Rechtfertigung aus Glauben.
Ganz anders sieht es allerdings in der Verheißung aus. Gott hat dem Volk Israel ein Land (Erde) verheißen. Damit hatte Israel irdische Verheißungen, vorgeschattet im Lande Kanaan. Letztlich jedoch zielt die Verheißung auf die Ewigkeit ab. Die Gemeinde hat keine Verheißung, irgendein Land zu empfangen. Vielmehr haben wir nach dem Epheserbrief des Apostels Paulus himmlische Verheißungen.
Petrus schreibt im 2. Brief, Kap.3,10 und 12 von der Verbrennung der Himmel und der Auflösung der Elemente der Erde im Brande. Weil Satan Himmel und Erde im gottwiderspenstigen Zustand betreten hat, müssen am Ende der Menschheitsgeschichte Himmel und Erde vergehen und verbrennen.
„Wir erwarten aber, nach seiner Verheißung, neue Himmel und eine neue Erde“ (V.13). Ähnliche Stellen finden wir in Offb.21,1; 20,11; Jes.65,17; 66,22.
Die Stellung der Heiligen nach den Haushaltungen
Die Gläubigen Israels und die Gläubigen der Gemeindezeit werden Ewigkeitsleben erhalten. Das macht ohne Rücksicht auf ihr Herkommen das Errettetsein aus.
Ganz anders verhält es sich in der Stellung der Heiligen nach ihren Ordnungen.
So sagt der Herr in Lk.7,28: „Unter den von Weibern Geborenen ist kein größerer Prophet als Johannes der Täufer; aber der Kleinste in dem Reiche Gottes ist größer als er.“ Hieraus geht ganz klar hervor, daß der Kleinste in der Gemeinde größer ist als Johannes der Täufer, obwohl unter den von Weibern Geborenen keiner größer ist. Die Stellung in der Gemeinde (die sein Leib ist) steht weit über allen Israeliten anderer Haushaltungen. Das ist auch die Stellung der Kinder Gottes im Himmelreichs-Gleichnis – dies beinhaltet die schöne Perle – ihre Wohnung ist in den Himmeln (Eph.2,6). So gehören zu der obigen Neuschöpfung, als rechtmäßiges Zuhause der Gemeinde, die Wohnungen des Himmels, während Israel, dem ein Land (Erbe) verheißen war, die neue Erde gilt. Sicherlich wird sie nicht materiell sein.
Die Gemeinde als Perle
Weil nun die Perle nur ein Teil des verborgenen Schatzes im Acker der Welt ist und ebenso die Zeit der Perle nur einen Abschnitt innerhalb des Reiches der Himmel ausmacht, haben wir in der Perle die Gemeinde zu sehen, die sein Leib ist (Eph.1,22.23). Ebenso verhält es sich mit der Zeit der Perle; es ist die Zeit der Gnade. Auf diese Gnade deutet die Zahl 5.
Diese Perle, die Gemeinde, wurde vom Herrn gesucht. Wer nun den Heiland nicht annimmt, bleibt ewig arm, verloren und wird nie zur kostbaren Perle zählen. Heute, in der Zeit der Gnade, läßt sich Jesus finden. Später, in der jenseitigen Welt, mag man vielleicht Jesus den Herrn suchen wollen, doch dann wird es zu spät sein, und sie müssen deshalb in ihren Sünden sterben (Joh.8,21). Die kostbare Perle – die Gemeinde –‚ das sind wir. Wir nehmen die Stelle des geistlichen Christus ein. Ja, wir sind der Christus. Deshalb auch die damit verbundene Kostbarkeit einer schönen Perle. Der Herr Jesus ist das Haupt (Eph.5,23 und Kol.1,18), und wir sind die Glieder seines Leibes. Heute ist dieser geistliche Christus noch nicht vollkommen. Dies wird erst sein, wenn die Vollzahl der Nationen (Rö.11,25) eingegangen ist; insbesondere auch dann, wenn die Vereinigung des Hauptes mit seinen Gliedern stattgefunden hat. Das wird sein, wenn der Herr die Gemeinde abholt und in die Wohnungen beim Vater einführt. Später kommt Christus auf die Erde, um das Gericht über die Lebendigen auszuführen. Dieser dann kommende Christus ist der Herr Jesus mit seiner Leibesgemeinde. Der Christus wird kommen (Mt.16,27) in der Herrlichkeit des Vaters. In 2.Thes.1,10 lesen wir: „wenn er kommen wird, um an jenem Tage verherrlicht zu werden in seinen Heiligen.“ Die Verherrlichung des Christus erfolgt also in seinen Heiligen, das ist die Gemeinde.
Sicherlich hat Gott in jeder Zeitepoche oder Haushaltung einen „Überrest“ erhalten, so wird es auch in der kommenden Gerichtszeit sein. Für eine jeweilige Epoche bedeutet die Schar der Geretteten das Wertvollste, das Kostbarste – die Perle.
Vom Suchen
Der Herr Jesus sucht uns und will uns kostbar wie eine schöne Perle machen. Der himmlische Vater sucht solche als seine Anbeter (Joh.4,23).
Aber auch der Teufel sucht nach 1.Petr.5,8, und zwar „wen er verschlinge“! Wie recht unterschiedlich kann doch das Suchen sein, und wir kommen zur Frage an uns: was suchen wir eigentlich in der Welt?
In der Zeit der Gnade wird die Perle gefunden, welche die Gemeinde – sein Leib – ist. Der Herr Jesus hat, um diese Perle zu besitzen, alles, was er hatte, gegeben. Was aber tust du für Ihn?
Das sechste Gleichnis vom Reich der Himmel (Mt.13,47-50)
„Wiederum ist das Reich der Himmel gleich einem Netze, das ins Meer geworfen wurde und von jeder Gattung zusammen brachte, welches sie, als es voll war, ans Ufer herauf gezogen hatten; und sie setzten sich nieder und lasen die Guten in Gefäße zusammen, aber die Faulen warfen sie aus. Also wird es in der Vollendung des Zeitalters sein: die Engel werden ausgehen und die Bösen aus der Mitte der Gerechten aussondern und sie in den Feuerofen werfen; da wird sein das Weinen und das Zähneknirschen.“
Symbolik
Im sechsten Himmelreichs-Gleichnis wird uns der Mensch gezeigt in seiner Verantwortung für das ihm anvertraute Wort des Lebens. Nach der Zahlensymbolik bedeutet 6 = Mensch! So schuf Gott einstmals den Menschen am sechsten Tag, um am siebenten zu ruhen (1.M.1,26-31). Heute stehen wir vor Abschluß des 6. Jahrtausends der Menschheitsgeschichte. Sechs Tage sollten sie arbeiten, um am siebenten zu ruhen. Sechs ist somit die Zahl menschlichen Wirkens.
Bedeutung
Das Reich der Himmel soll gleich sein einem Netze. In diesem Gleichnis wird der Fischfang ins Bild gebracht. Als der Herr Jesus seine Jüngerschar wählte, fand er zuerst Petrus und seinen Bruder Andreas. Diese waren ihrem Handwerk nach Fischer und warfen gerade das Netz aus in die See. Da tritt der Herr zu ihnen und spricht: „Kommet mir nach, und ich werde euch zu Menschenfischern machen“ (Mt.4,19). Es ist also die Absicht des Herrn, aus seinen Nachfolgern (kommet mir nach) Menschenfischer zu machen. Um nun die Menschen zu fangen, bedarf es eines Netzes.
Das Netz ist ein Gerät mit Maschen, durch das man zwar sehen kann, die Maschengröße jedoch ein Entschlüpfen nicht mehr zulassen soll. Wer in dieses Netz kommt, sieht zwar die Welt, gehört ihr aber nicht mehr an.
Solange die Fische noch im Netze sind, befinden sie sich auch noch im Wasser. Das Netz ist das Wort des Evangeliums. Der Zeitabschnitt des Himmelreiches hat zum Ziel, durch das Wort des Evangeliums Menschen zum Ewigkeitsleben zu bringen. Der Fang im Fischernetz hat das Verderben der Fische zur Folge (2.Petr.2,12). Der Fang im Netz des Evangeliums vermag ewiges Leben zu vermitteln. Solches Netz zieht man nicht durch Wald und Feld, sondern bringt es dahin, wo möglichst viele Fische sind; es ist das Meer.
Das Meer ist an vielen Stellen der Schrift ein Symbol der Menschenmassen. Wenn die Schrift auffordert, das Brot auf die Fläche der Wasser zu werfen (Pred.11,1), so ist mit dem Wasser die Fläche des Menschenmeeres gemeint und keineswegs etwa die Wasserfläche des Bodensees. Das Meer ist die größte Ansammlung von Wassermassen, worin mit dem Netze auch die meisten Fischmengen zu erfassen sind. Ein Fischzug im Meer ist nicht zu jeder Jahreszeit möglich. Deshalb ist die Zeit des Reiches der Himmel gerade die geeignetste zum Auswurf des Netzes fürs Evangelium. Das Netz im Meer bringt von jeder Gattung zusammen. Hier zeichnet sich auch der Charakter des Reiches der Himmel von der vorangegangenen Gesetzeszeit aus. Denn im Zeitabschnitt des Gesetzes war nur eine Gattung, mit der Gott Gemeinschaft pflegte: Israel. Im Himmelreich wird nicht mehr das alte Lied, das Lied Moses, gesungen (2.M.15,1), sondern das neue Lied nach Offb.5,9. Sein Inhalt ist: „denn du bist geschlachtet worden und hast für Gott erkauft, durch dein Blut, aus jedem Stamm und Sprache und Volk und Nation.“ Hier sehen wir die vielen Gattungen, die mit dem Netze aus dem Meer, und zwar aus jedem Stamm, Sprache, Volk, Nation gezogen worden sind. Alle diese Gattungen wurden „zusammengebracht“. Die Gemeinde wurde aus Israel und aus allen Heiden vereint und zu einem Leibe versöhnt (Eph.2,15.16). Die Arbeit mit dem Netze des Evangeliums liegt in den Händen der Menschen.
Diese unvollkommenen Arbeiter im Reiche der Himmel (Söhne des Reiches) ziehen, nachdem das Netz voll ist, alles ans Ufer. Bei der Gemeinde ist es so, daß dieses Netz die Vollzahl der Heiden aufweisen muß, um zum anderen Ufer zu gelangen (Rö.11,25). Der verheißenen Rettung Israels geht die Aufnahme der Gemeinde voraus. Bei Israel in der Gerichtszeit werden es die 144`000 als Überrest sein (Rö.9,27).
Das Ufer bedeutet gegenüber Wasser das beginnende Land. Dem Volke Israel war das Land der Verheißung zugesagt worden, weshalb Israel sein altes Land Kanaan wiederempfangen wird. Dort wird auch Christus für 1000 Jahre herrschen. Weil der Gemeinde kein Land verheißen ist, sie dafür aber eine himmlische Verheißung hat, erkennen wir als Ufer der Gemeinde „das andere Ufer“ (Rö.11,5?); nicht zu verwechseln mit dem Ufer des Landes, welches auf Israel weist. Es ist unser Ziel, weil der Herr Jesus dort zu Hause ist. Unser Verlangen, unsere Sehnsucht gilt dem Ort ewiger Geborgenheit in Jesu Armen. Es ist aber auch die sichtbare Gemeinschaft mit unserem geliebten Herrn. Dann werden wir IHN sehen, wie er ist (1.Joh.3,2). Weil unsere Errettung nicht erst in der Ewigkeit, sondern bereits hier beginnt, steht hier schon fest, wer errettet ist und damit ewiges Leben hat. Der braucht seine Errettung nicht meinen, hoffen, wünschen, sondern darf sie wissen; denn der Heilige Geist bezeugt sie ihm (Rö.8,16), und wer Christi Geist nicht hat, der ist nicht sein (Rö.8,9). Die nun zur Wiedergeburt gelangt sind, betrachtet Gott als Leibesgemeinde Christi.
Das Aussortieren
Nach der Lehre des NT sollen die örtlichen Gemeinden nur aus Wiedergeborenen bestehen. Leider befinden sich viele Gemeinden im offenen Ungehorsam gegen die Anweisungen der Schrift und stellen eine Geisteseinheit mit den Unerretteten her. Deshalb wird der Heilige Geist beständig betrübt. Die Verantwortlichkeit hat der Herr uns auferlegt. Danach sollen die „Faulen“ gar nicht in die Ortsgemeinde aufgenommen werden. Der Herr Jesus sagt: „an ihren Früchten werdet sie erkennen“ (Mt.7,20). Nicht der Herr, vielmehr wir sollen die Bösen hinaustun (1.Kor.5,13). Die Gefäße bei der Sammlung der Guten sind die örtlichen Gemeinden, in die auch nur die Guten (Wiedergeborenen) gehören. Für die Sortierung braucht man Zeit, hier dargestellt im Niedersetzen, was soviel wie zur Ruhe kommen bedeutet. Dabei wurden die Faulen ausgeworfen. Wer nicht zur Wiedergeburt gekommen ist, soll ausgeworfen werden. Wohin warfen sie die faulen Fische? Ganz einfach zurück ins Menschen-Meer.
Ein interessantes Beispiel finden wir in Apg.5. In Samaria war ein gewisser Zauberer tätig, mit Namen Simon (V.9). Simon kam zum Glauben an Jesus Christus und wurde getauft (V.13). Simon sah die Zeichen und Wunder (V.13), er sah aber auch, daß durch das Auflegen der Hände der Apostel der Heilige Geist gegeben wurde“ (V.15). Daraufhin bot er den Aposteln Geld an, um auch diese Gabe zu besitzen (V.19). Petrus ergreift das Wort und urteilt, daß Simon mit seinem Geld ins Verderben fahren soll (V.20). Simon habe weder Teil noch Los an dieser Sache. Warum, könnten wir fragen, reagiert Petrus gegen Simon so hart? Sollte nicht liebevoll mit solchen in der Gemeinde umgegangen werden, die den Heiligen Geist noch nicht haben wie hier Simon? Die Lösung finden wir in V.21: „dein Herz ist nicht aufrichtig vor Gott.“ Nach längeren, fruchtlosen Bemühungen sollen jene wieder dahineingestoßen werden, wohin sie gehören: in die Welt! Das ist wörtliches „Auswerfen der Faulen“ aus der örtlichen Gemeinde! Die Handhabung ist deshalb biblisch, weil Gottes Wort sie lehrt. Würden die örtlichen Gemeinden mehr Gehorsam gegen die Schrift erweisen, würde auch mehr Frucht an ihnen gefunden werden. Der Grundsatz Gottes ist: „Gehorsam ist besser als Schlachtopfer“ (1.Sam.15,22b).
Bis dahin liegt im Reich der Himmel alles handelnd Tätige in der Verantwortlichkeit des „Menschen“. Denn im 6. Gleichnis vom Himmelreich wird die Aufgabe des „Menschen“ herausgestellt.
Die Tätigkeit der Engel
Beachtlich dürfte erneut die Feststellung sein, im Himmelreich gleichzeitig „Gute und Böse“ zu finden.
Das, was in der Gemeindezeit als Trennung vom Bösen von den Kindern Gottes erwartet wird, ist, die Faulen auszuwerfen. „Also“, sagt der Herr, „wird es sein in der Vollendung des Zeitalters!“ Während die Wiedergeborenen in die Herrlichkeit eingehen sollen, werden die Faulen und Bösen ins Gericht kommen. Die Vollendung unseres Zeitalters der Gnade liegt dann auch nicht mehr in des Menschen Hand, sondern im Zuständigkeitsbereich der „Engel“. Allerdings werden die Engel, wie beschrieben, nur in der Vollendung des Zeitalters, wieder im Vordergrund stehen. Besonders sehen wir die Engeltätigkeiten bei den Faulen – den Söhnen des Bösen – in der Offenbarung. Aber auch am Ende des 1000-Jahr-Reiches wird in Offb.20,8-10 die Aussonderung der Bösen gezeigt. Hier handelt es sich um die Vollendung des Zeitalters der Königsherrschaft Jesu. In beiden Zeitabschnitten der Vollendung wird das Böse vom Guten ausgesondert.
Die Absonderung
Dem Volke Gottes ist vom Wort her der Weg der Absonderung aus der Gemeinschaft der Weltkinder geheißen. Die Entscheidung der Absonderung hat der Herr uns, den Menschen, befohlen. Wir sondern uns von ihnen und der Welt ab. Umgekehrt ist es bei der Vollendung des Zeitalters. Da werden die Bösen aus der Mitte der Gerechten ausgesondert! Das heißt, die Gerechten sollen bleiben, während die Engel die Söhne des Bösen wegnehmen. Im Gericht der Lebendigen bleiben die 144`000 als Eingang ins Millennium. Am Ende des Friedensreiches bleiben die Söhne des Reiches, aber die Söhne des Bösen werden umkommen. Das Urteil Gottes, das die Söhne des Bösen erfahren, wird mit einem Feuerofen verglichen – der Zustand bleibt für immer, es wird sein das Weinen und Zähneknirschen. Gott, der Gerechte, steht nicht nur zu seinem Wort der Verheißung über die Söhne des Reiches, er steht auch zu seinem Wort des Urteils über die Söhne des Bösen – „ihr Teil ist in dem See, der mit Feuer und Schwefel brennt, welches der zweite Tod ist“ (Offb.21,8b).
Das siebente Gleichnis vom Reich der Himmel (Mt.18,23-35)
„Deswegen ist das Reich der Himmel einem Könige gleich geworden, der mit seinen Knechten abrechnen wollte. Als er aber anfing abzurechnen, wurde einer zu ihm gebracht, der zehntausend Talente schuldete. Da derselbe aber nicht hatte zu bezahlen, befahl sein Herr, ihn und sein Weib und die Kinder und alles, was er hatte, zu verkaufen und zu bezahlen. Der Knecht nun fiel nieder, huldigte ihm und sprach: Herr, habe Geduld mit mir, und ich will dir alles bezahlen. Der Herr jenes Knechtes aber, innerlich bewegt, gab ihn los und erließ ihm das Darlehen. Jener Knecht aber ging hinaus und fand einen seiner Mitknechte, der ihm hundert Denare schuldig war. Und er ergriff und würgte ihn und sprach: Bezahle wenn du etwas schuldig bist. Sein Mitknecht nun fiel nieder und bat ihn und sprach: Habe Geduld mit mir, und ich will dir bezahlen. Er aber wollte nicht, sondern ging hin und warf ihn ins Gefängnis, bis er die Schuld bezahlt habe. Als aber seine Mitknechte sahen, was geschehen war, wurden sie sehr betrübt und gingen und berichteten ihrem Herrn alles, was geschehen war. Dann rief ihn sein Herr herzu und spricht zu ihm: Böser Knecht! jene ganze Schuld habe ich dir erlassen, dieweil du mich batest; solltest nicht auch du dich deines Mitknechtes erbarmt haben, wie auch ich mich deiner erbarmt habe? Und sein Herr wurde zornig und überlieferte ihn den Peinigern, bis er alles bezahlt habe, was er ihm schuldig war. Also wird auch mein himmlischer Vater euch tun, wenn ihr nicht ein jeder seinem Bruder von Herzen vergebet.“
Symbolik
Im siebenten Himmelreichs-Gleichnis wird uns die göttliche Fülle der Vergebung gezeigt. Nach der Zahlensymbolik bedeutet 7 = göttliche Vollkommenheit. Hier sei an die vielen Darstellungen des Alten und Neuen Testamentes erinnert, in denen die 7 dominiert, zum Beispiel: siebenarmige Leuchter, sieben Sterne, Gemeinden, Sendschreiben, Augen, Gerichtszeichen, Geister Gottes, usw.
Sinn und Bedeutung
Das Himmelreich in diesem Gleichnis ist einem Könige gleich geworden. Allein der Auftritt Jesu als König will uns die gewaltige Bedeutung auf das kommende Königreich des Friedens vermitteln, wo der Sohn des Menschen als König regieren wird. Dort will er mit seinen Knechten abrechnen. Verständlicher wird es, wenn wir vom Tage der Abrechnung reden. Mit der Gemeinde hat der Herr Jesus am Kreuz von Golgatha abgerechnet. Dort wurde auch unser Kaufpreis vom Herrn selbst bezahlt. Im Tag der Abrechnung erkennen wir ebenso die Vollendung des Zeitalters. Dieser König wird am Ende einer Zeitepoche die Knechte des Reiches zur Rechenschaft ziehen. Es fällt nicht schwer, zu erfassen, daß es sich im Gleichnis nicht um die Gnadenzeit handelt. Die hier benannten Knechte müssen ihre Schuld selbst abbüßen. Hier stehen wir bezüglich der Vergebung Gottes auf dem Boden des Werkes, worin die Knechte auch ihre Rechtfertigung haben. In der Gnadenzeit hat unser Herr die Schuld selbst gebüßt und infolge des Todes am Kreuz den Schuldbrief endgültig zerrissen. Hinsichtlich unserer begangenen Sünden will er uns nicht noch einmal ins Gericht bringen, sondern ihrer nie mehr gedenken (Hebr.10,17). Aus diesem Grunde kann das Gleichnis nicht direkt auf die Gnadenzeit übertragen werden. Die Gottlosen, in der Gnadenzeit zur Abrechnung gezogen, dürften wohl nicht gemeint sein, da sie gar nicht seine Knechte sind. Vielmehr sind sie Knechte eines anderen Herrn. Bei einer Abrechnung geht es wohl immer um die Schlußwerte, bei denen Plus und Minus gegeneinander aufgerechnet wird. Eine Aufrechnung beinhaltet einen gewissen Abschluß. Hier handelt es sich um den Abschluß eines Zeitalters. Am Tage der Abrechnung jener Schulden (V.24) bringt man einen Knecht, der dem König 10`000 Talente schuldet. Das ist zweifellos eine ganz gewaltige Summe. Dieweil der Knecht des Königs gar nicht hatte zu zahlen, erhielt er den Befehl seines Herrn, Weib, Kinder und alles, was er besitzen mag – zu verkaufen. Damit sollten seine Schulden gegenüber dem König beglichen werden. In der Gnadenzeit gibt der Herr seinen Kindern keinen solchen Befehl, denn sie sind nach Eph.2,8 durch Gnade bereits gerettet. Bei unserer Errettung sind auch durch Gnade alle unsere Sündenschulden gesühnt worden. In der Gnadenzeit ist es gerade umgekehrt. So läßt der Herr die, welche Vater, Mutter, Weib und Kinder nicht verlassen wollen, auch nicht seine Jünger sein (Mt.19,29).
Von der Vergebung
Hier im Reich der Himmel wird gezeigt, wie der Knecht durch Werk selbst bezahlen soll. Dieser Knecht kennt seinen Herrn sehr genau. Er weiß auch, daß er gar nicht hat, um zahlen zu können. So verbleibt ihm der letzte Ausweg, er bittet seinen Herrn um Gnade und Geduld. Der Herr wiederum läßt sich erbitten und handelt nach seinem Wesen der Barmherzigkeit. Er läßt ihm gleich alles. Der Knecht hat Gnade seines Herrn an sich selbst und seiner ganzen Familie erfahren und ist damit frei. Der Herr hat ihm nicht nur alle gewaltigen finanziellen Rückstände erlassen, sondern auch alle Schuld vergeben. Das, was ihn hat frei werden lassen, ist durch die Gesinnung seines Herrn geschehen. Der Herr wird dem Knecht allen Schuldenerlaß mit einer Hoffnung verbunden haben, nämlich daß dieser Knecht nun von seinem Herrn lernt, Schuld zu vergeben – ein jeder seinem Nächsten. So möchte der Herr Jesus, daß auch wir in der Gesinnung Jesu leben (Phil.2,5). Nur so können wir das Gebot der Liebe vollbringen und dem lebendigen Gott gefallen, wenn wir am anderen die Barmherzigkeit und tätige Liebe üben. Wenn nach unserer Bekehrung die Welt keine Veränderung an uns sieht, dann stimmt es mit der Gesinnung Jesu in unseren Herzen nicht. Jüngerschaft Jesu heißt, Jesus, dem Sohne Gottes, ähnlich zu sein. Da gelangen alle Lieblosigkeiten zum Nächsten und alle Mißverständnisse in die Vergebung. Wir stehen nicht in der Vergebung Gottes, wenn wir unsere vermeintliche Rechtfertigung suchen.
Denn unser himmlischer Vater kann uns nicht vergeben, wenn wir einander nicht vergeben (Mt.6,14.15). Wir suchen nicht die Vergebung, wenn wir unsere Rechtfertigung und Unschuld suchen. Wer Jesus sucht, trägt nicht nach und sucht nicht sein eigenes Interesse des Rechtes! Tun wir‘s doch, suchen wir nicht dem Herrn zu gefallen, sondern uns selbst. Wen, lieber Freund, suchst du? Laß das an dir begangene Unrecht dir mal tüchtig ins Herz schneiden, es macht nichts. Das ist Teil der Beschneidung unserer Herzen.
Was hat dieser Knecht von seinem Herrn mitgenommen, als ihm Gnade und Barmherzigkeit zuteil wurde? Sobald dieser Knecht aus seiner ausweglosen Situation entlassen ist, finden wir ihn, daß er einen der Mitknechte – seinen Nächsten – würgt. Wie die Schrift in V.28 aussagt, war er ihm 100 Denare schuldig geblieben. Das ist auch die wiederkehrende Problematik der Menschen in bezug auf die Vergebung. Jene Summe von 10`000 Talenten stellte einen Wertbestand von 75 Millionen DM dar. Kein Mensch kann sich diesen Betrag mit seiner Hände Arbeit verdienen. Die 100 Denare waren ein Betrag von etwa 73 DM. Der Knecht, dem die unermeßliche Schuld erlassen wurde, fand das Verhalten seines Herrn für recht und gut. In gleicher Weise nahm der Knecht auch die gewaltige, ihm gegebene Gnade an. Einen winzigen Bruchteil von der ihm erwiesenen Barmherzigkeit wollte er seinem Mitknecht jedoch nicht zukommen lassen.
Ist unser Wandel mit Jesus nicht auch von solchen Aspekten gezeichnet? Unsere ganze, nicht in Geldwert auszudrückende Sündenschuld ist uns durch das Sterben des Heilands am Kreuz erlassen worden, so viele sich im Blute des Lammes haben reinwaschen lassen. Trotzdem wird unser Verhalten zum Nächsten oft nicht im Lichte der Vergebung gefunden. Vielmehr prüfen wir nicht einmal die Worte unseres Mundes und lassen ohne Genehmigung vom Herrn das von Satan aufgereizte Fleisch wirken. Hierdurch treten auch, von Kindern Gottes verursacht, härteste Urteile gegen den Nächsten in Erscheinung. Warum finden andere an uns dieses christusfremde Benehmen? Sicherlich doch deshalb, weil es in unserer Gesinnung nicht stimmt. Man hat vergessen, in Heiligung leben zu sollen, und hat sogar die Vergebung Gottes hinsichtlich der Sünden vergessen (1.Petr.1,9). Weil der Knecht die Gesinnung seines Herrn nicht beherzigte, würgte er seinen Nächsten. Er würgte ihn, weil er nicht bereit war, auch ihm zu vergeben. Schuld bewirkt allenfalls Haß gegen den Nächsten, wie dies auch bei Kain und Abel war. Wie viele Kinder Gottes sind durch hartes Reden gewürgt worden und haben, was den Glauben betrifft, Schiffbruch erlitten. Die Zunge ist das kleine große Übel. Deshalb hat die Liebe Gottes unsere Herzen nicht erfaßt, weil wir dem Wirken des Heiligen Geistes Widerstand entgegengebracht haben. Wir kommen nur dann in eine gottgemäße Buße, wenn wir sie suchen.
Über all dem Geschehen wurde dieser Herr zornig (V.34) und übergab seinen Knecht der Pein des Gerichts. Denn mit welchem Maß wir messen, wird auch uns gemessen werden (Mt.7,2). Nicht allein der böse Knecht wird das ernten, was er gesät hat (Gal.6,7). Wer nun segensreich sät, wie es dieser Herr gezeigt hat, wird in der Fülle Jesu ernten (2.Kor.9,6).
Die prophetische Dimension des Gleichnisses
Das siebente Gleichnis vom Reich der Himmel zeigt uns symbolisch die „Sieben“ in der Zahl göttlicher Vollkommenheit im Blick auf die Vergebung. Wir meinen, den Inhalt an Israel und der Gerechtsprechung durch Werk zu sehen, wozu das Wort auch geschrieben ist. Die exegetische Anwendung des Gleichnisses auf die Gemeinde Jesu ist nur zum Teil gegeben. Was die Angehörigen beider Zeitepochen belehren will, ist die Tatsache der Vergebung einer zum andern nach dem Vorbild unseres Gottes. So dürfte auch in der vorerwähnten Auslegung in genügender Weise auf die Vergebung Jesu in der Zeit der Gnade eingegangen sein. Deshalb wenden wir uns hier der Vergebung Israels zu und wollen die Gedankenführung dem Geist Gottes überlassen.
Daß im siebenten Himmelreichs-Gleichnis die persönliche Schuld mit „Vergebung“ zusammenhängt (V.35) dürfte verständlich sein. Deshalb finden wir den Schlüssel des Gleichnisses bereits im 21. und 22. Vers:
„Dann trat Petrus zu ihm und sprach: Herr, wie oft soll ich meinem Bruder, der wider mich sündigt, vergeben? bis siebenmal? Jesus spricht zu ihm: Nicht sage ich dir, bis siebenmal, sondern bis siebenzig mal sieben.“
Petrus meinte, daß vielleicht bei siebenmal die Vergebung gegen seinen Bruder beendet ist. Der Herr aber belehrt, daß die göttliche Vergebung bei siebenzig mal sieben liegt. 70 x 7 ist 490 mal. Die göttliche Vergebung und das Ende der Sünde Israels trifft nach 490 Gerichtsjahren ein. So belehrt uns das Wort der Prophetie in Dan.9, ab V.24:
„Siebenzig Wochen sind über dein Volk und über deine heilige Stadt bestimmt, um die Übertretung zum Abschluß zu bringen und den Sünden ein Ende zu machen, und die Ungerechtigkeit zu sühnen und eine ewige Gerechtigkeit einzuführen…“.
Aus der übrigen Mitteilung des Wortes Gottes wissen wir, daß eine dieser Wochen 7 Jahre enthält. Multiplizieren wir die siebenzig Wochen mal sieben Jahre, erhalten wir 490 angekündigte Gerichtsjahre über Israel. Die Gerichtsankündigung von 490 Jahren läßt bei der Erfüllung jener Gerichtsjahre am Ende die Sünden Israels zum Abschluß kommen. Die Ungerechtigkeit ist mit der duldenden Überlebung (Werk) des Überrestes gesühnt. Oh, wie freuen wir uns, daß auch für das leidgeprüfte Volk Israel ein Ende der Drangsal und des Gerichtes ausgerufen ist. Dann ist auch für Israel die vollkommene göttliche Vergebung eingetreten.
Die an uns gerichtete Lehre des Gleichnisses
Was uns das 7. Gleichnis vom Reich der Himmel lehren will ist, daß Gott bereit ist zur Vergebung. Und wie der Herr in seiner Liebe und Gnade völlig vergibt, so will er, daß auch wir einander in der gleichen Bereitschaft vergeben sollen. Halten wir nie dem Nächsten unsere Vergebung zurück. Dadurch würde solchen der Boden der Gnade entzogen, und wir stellen nicht das Bild der Demut und Barmherzigkeit unseres Herrn dar. Gott wird uns einmal vor dem Richterstuhl des Chrisfts (2.Kor.5,10) nach seinem Wort Mt.6,12 beurteilen müssen, ob wir einem jeden von ganzem Herzen vergeben haben.
Die dem Nächsten nicht gewährte Vergebung wird dann unser eigener Schaden sein.
Das achte Gleichnis vom Reich der Himmel (Mt.20,1-16)
„Denn das Reich der Himmel ist gleich einem Hausherrn, der frühmorgens ausging, um Arbeiter in seinen Weinberg zu dingen. Nachdem er aber mit den Arbeitern um einen Denar den Tag übereingekommen war, sandte er sie in seinen Weinberg. Und als er um die dritte Stunde ausging, sah er andere auf dem Markte müßig stehen; und zu diesen sprach er: Gehet auch ihr hin in den Weinberg, und was irgend recht ist, werde ich euch geben. Sie aber gingen hin. Wiederum aber ging er aus um die sechste und neunte Stunde und tat desgleichen. Als er aber um die elfte Stunde ausging, fand er andere stehen und spricht zu ihnen: Was stehet ihr hier den ganzen Tag müßig? Sie sagen zu ihm: Weil niemand uns gedungen hat. Er spricht zu ihnen: Gehet auch ihr hin in den Weinberg, und was irgend recht ist werdet ihr empfangen. Als es aber Abend geworden war, spricht der Herr des Weinberges zu seinem Verwalter: Rufe die Arbeiter und zahle ihnen den Lohn, anfangend von den letzten bis zu den ersten. Und als die um die elfte Stunde Gedungenen kamen, empfingen sie je einen Denar. Als aber die ersten kamen, meinten sie, daß sie mehr empfangen würden; und auch sie empfingen je einen Denar. Als sie aber den empfingen murrten sie wider den Hausherrn und sprachen: Diese letzten haben eine Stunde gearbeitet, und du hast sie uns gleich gemacht, die wir die Last des Tages und die Hitze getragen haben. Er aber antwortete und sprach zu einem von ihnen: Freund, ich tue dir nicht unrecht. Bist du nicht um einen Denar mit mir übereingekommen? Nimm das Deine und gehe hin. Ich will aber diesem letzten geben wie auch dir. Ist es mir nicht erlaubt, mit dem Meinigen zu tun, was ich will? Blickt dein Auge böse, weil ich gütig bin? Also werden die Letzten Erste, und die Ersten Letzte sein; denn viele sind Berufene, wenige aber Auserwählte.“
Symbolik
Im achten Himmelreichs-Gleichnis wird uns etwas Neues gezeigt, mit dem Gott anfängt. Nach der Zahlensymbolik ist die Zahl 8 = Erneuerung.
Bedeutung
Weil die Woche sieben Tage hat, ist der achte Tag auch gleich der erste Tag einer neuen Woche. So finden wir etwas Neues dort, wo das Vorherige alt geworden und somit vergangen ist. Am 8. Tag wurde das Neue, die Erstlingsgarbe, dargebracht. Es ist ein Bild auf Christus, der nach Überwindung des Gesetzes (denn ihn traf der Gesetzestod) am 8. Tag auferstehen konnte. Wir erkennen hierin Christus als Anfänger des neuen Weges (Hebr.12,2). Bei uns Menschen ist ein Anfänger immer ein Nichtskönner. So verhält es sich beim Autofahren, im Berufsleben und im Gemeindeleben (1.Tim.3,6).
Umgekehrt ist es bei unserem Herrn, denn was er beginnt, steht unter dem Zeichen des Sieges, der Überwindung und dem Zeugnis Gottes: „Dies ist mein geliebter Sohn, an welchem ich Wohlgefallen gefunden habe; ihn höret“ (Mt.17,5b). Genau hierin ist unser Herr der Anfänger, aber auch der Vollender des Glaubens.
Das Reich der Himmel ist hier einem Hausherrn gleich geworden. Im Bilde des Hausherrn erkennen wir Gott selbst. Dieses Gleichnis bringt anhand einer Lohnsituation im Weinberg die Vermächtnisse des ewigen Lebens für Israel, aber auch für die Nationen während der Gnadenzeit! Denn die Gabe Gottes in Gnaden (Gnadengabe) ist ewiges Leben in (oder durch) Christo Jesu (Rö.6,23). Die letztliche Vergebung und Erlösung der Menschen aller Zeitepochen liegt in Christus. Es ist hoch bedeutend, wie im Gleichnis Gesetz und Gnade als getrennte, aber doch im Reich der Himmel befindliche Zeiteinsätze gebracht wetden.
Der Hausherr im Gleichnis erinnert uns an die unumschränkte Souveränität Gottes, der allein nach seinen Gedanken handelt. Allen gerufenen Knechten gegenüber zeigt er sich unnachgiebig im Blick auf menschliche Werke, aber geöffnet für das glaubende Vertrauen der Letzten auf Gnade.
Die Ersten, die der Herr des Weinbergs gedungen hatte, handelten unter beidseitiger Anerkennung die Summe aus und kamen „überein“. Damit konnten sie aufgrund einer zweiseitigen Vereinbarung im Weinberg arbeiten. In der Übereinkunft selbst sehen wir das Gesetz, das von Israel gefordert, aber von Gott gegeben wurde.
So ist das Gesetz auch auf der Basis der Werksleistung aufgebaut. Weil das Gesetz gegenüber der Gnadenzeit zuerst gegeben wurde, haben wir es bei den „ersten Gedungenen“ mit Israeliten in der Gesetzeszeit zu tun. Auf die gesetzliche Übereinkunft legen sie die Hoffnung ihrer Erwartungen, mehr als vereinbart zu empfangen. Der Anlaß hierfür war der Vergleich der Entlohnung gegenüber jenen, die ganz spät in die Arbeit eingetreten waren. Die „Ersten“ empfanden ihre Entlohnung als Benachteiligung gegenüber den „Letzten“, da sie alle den gleichen Lohn empfingen. Des Hausherrn Liebe und Gnade zu den „Letzten“ werteten die „Ersten“ als Ungerechtigkeit.
Die heutige Situation
Eine ganz ähnliche Situation haben wir heute unter den sogenannten Christen. Sobald wir sagen, daß alle, die das Evangelium der Gnade nicht gehört haben – ewiglich verloren sind, entsteht Murren und Aufruhr. Wir können fragen: Warum eigentlich? Redet denn Gottes Wort nicht deutlich über diese Frage? Doch! Man beurteilt nach dem menschlichen Verstand, daß es gegenüber den Erretteten eine harte Ungerechtigkeit sei, weil doch wirklich niemand etwas dafür könne, nichts vom Evangelium gehört zu haben. Hierbei wird allerdings übersehen, daß alle Menschen vor Gott sich im absolut verlorenen Zustand bewegen und keiner ist, der Gutes tue, auch nicht einer. Die Bevorzugung jener, die das Wort gehört haben und damit Errettung fanden, ist keinerlei Benachteiligung der Verlorenen in ihrer Gottesferne. Will man etwa dem lebendigen Gott einen Vorwurf dafür machen, weil er gnädig und barmherzig ist?
Die Beziehung zum Gesetz
Die „Ersten“ im Gleichnis jedenfalls glaubten, daß es recht und gut sei, mehr zu fordern als die „Letzten“, die ja nur ganz kurz und zum Ende hin gearbeitet hatten. Damit vollzog sich der weitere Verlauf auf dem Boden des gesetzlichen Rechts, auf den die Knechte bei der Übereinkunft sich selbst gestellt hatten. Damit sagt der Herr: Nimm das Deine (V.14). Was war mit dem „Deinen“, zu den „Ersten“ gewandt, gemeint? Nichts anderes als der Lohn des Gesetzes, der Israel gehörte. Der Lohn des Gesetzes ist irdische Verheißung, der Lohn der Gnade aber himmlische Verheißung. Im gleichen Lohn der „Ersten“ und der „Letzten“ erkennen wir im Gleichnis, obwohl eine Lohnsituation angenommen wird, das „ewige Leben“. Dieses ewige Leben ist den Gläubigen des Alten Bundes (den „Ersten“) im Gesetz, aber auch den Gläubigen in der Zeit des Neuen Bundes (den „Letzten“) in der Gnade verheißen.
Die „Letzten“ im Gleichnis kamen kurz vor dem Ende der Weinbergsarbeit. Ihr Lohn gründete sich nicht mehr auf eine ergiebige Arbeitszeit. Deshalb setzen sie ihre Erwartungen nicht auf die Tätigkeit (Werk), sondern auf die Gnade und Barmherzigkeit ihres Herrn. Allein in diesem Glauben folgten sie dem Ruf ihres Herrn (2.Tim.1,9): „Der uns errettet hat und berufen mit heiligem Rufe, nicht nach unseren Werken, sondern nach seinem eigenen Vorsatz und der Gnade, die uns in Christo Jesu vor den Zeiten der Zeitalter gegeben.“ Der dem Ruf folgt, ist der wirklich Gläubige (wahres Israel) ohne Rücksicht auf Zeit, Gesetz oder Gnade.
Liebe schaut nicht auf Lohn
Alle Gedungenen waren im Gleichnis dem Rufe des Herrn jenes Weinbergs gefolgt. Dennoch vermochte der Hausherr seine Liebe, Barmherzigkeit und Gnade nicht bei allen Gerufenen in der Fülle anzubringen, wie er es gern wollte. Empfangen nicht auch heute nur solche die Gnade, die sich danach sehnen, ausstrecken und auf sein Wort vertrauen? Allein das ist Glaube, und die so glauben sind immer nur wenige – das sind die Auserwählten oder die „Letzten“ im Gleichnis. Die vielen Berufenen kamen letztlich alle auf das Wort des Hausherrn hin in die Arbeit des Weinbergs, jedoch mit recht unterschiedlichen Voraussetzungen und Beweggründen ihrer Tätigkeit. Die Bibel redet aber auch eine deutliche Sprache darüber, daß in der Frage des Lohnes vor Gott keine Werksleistungen entscheiden. Wie oft haben Menschen versucht, dem lebendigen Gott Vorschriften zu unterbreiten, indem das eigene Gedankengut vertreten wurde. Deshalb sagt der Hausherr: „Ist es mir nicht erlaubt, mit dem Meinigen zu tun, was ich will?“ Wir sollten endlich gelernt haben, unseren Willen unter den des Herrn zu stellen. Denn würden die „Ersten“ von der Fülle der Liebe und Gnade des Herrn gewußt haben, hätten sie gewiß keine Lohnverhandlung geführt. Diese Lohnmotive kamen aus einem bösen Herzen der Gewinnsucht, weshalb sie nicht auf ihren vereinbarten, sondern auf den Lohn der „Letzten“ blickten, der das Werk der Gnade ist. Wir sehen, wie unmöglich es ist, vom Boden des Gesetzes die Wirkungen der Liebe und Gnade Gottes verstehen zu können. Alles, was im Walten Gottes als Unrecht angesehen wird, kommt aus unserer bösen Herzensgesinnung.
Nach den „Ersten“ erscheinen jene, zu denen gesagt wird: Was recht ist, werde ich euch geben. Dann folgen die letzten der Geladenen. Sie hatten eigentlich nichts mehr an Lohn zu erwarten, weil ihre Hilfe im Weinberg mehr auf der Ebene einer kleinen Gefälligkeit lag. Aus diesem Grunde wird beim Ruf auch nicht ein Wort über Lohn geredet. Sie gehen aus Liebe und finden bereits in der Einladung, im Weinberg zu arbeiten, den Ausdruck des Vertrauens und der Gnade. Genau das war es, was die „Ersten“ erstaunen ließ, was sie auch nie erwartet hätten, daß jenen „Letzten“ der gleiche Lohn zuteil würde wie auch ihnen. Das Neue, die Offenbarung des Hausherrn in solcher Gnade, war bislang unbekannt. Wieviel hat Israel leisten müssen, bis endlich wiederum wenige errettet wurden (1.Kor.10,5)! Die „Letzten“ erfahren also ohne große Mühe den gesamten Ausdruck der Gnade vom Herrn des Weinbergs. Bei der Lohnauszahlung erleben sie, daß die „Letzten“ nicht nur berufen waren, sondern auch auserwählt sind.
Lohn aus Gnade
Diese neue Offenbarung des Hausherrn an die „Letzten“ in Gnade deutet auf das Symbol der 8, das „Erneuerung“ heißt und im achten Gleichnis vom Reich der Himmel uns den Weg weist.
Bald wird der Herr Jesus wiederkommen, dann soll großer Lohntag sein (Offb.22,12): „Siehe, ich komme bald, und mein Lohn mit mir.“
Heute bereits darfst du den Herrn fragen, wie einst Paulus in 1.Kor.9,18: „Was ist nun mein Lohn?“ Denn die Letzten werden dann im Himmel die Ersten sein.
Wie sich das Gesetz auf dem Boden des Rechtes bewegt hat, so verläuft unsere Jesus-Nachfolge auf der Ebene der Gnade. Den gleichen Lohn ewigen Lebens zu empfangen, ohne sich zu mühen, war dem Volk Israel fremd. Das, was Israel von jeher kannte, war Verdienst mittels Leistung. Kein Wunder, daß ihr Auge böse blickte, als die „Letzten“ nicht weniger empfingen als sie. Gott hat mit der Einführung der Gnade und Offenbarung seiner Liebe an Menschen etwas Neues gebracht; nicht mehr die alten Opfer der Tiere, sondern ein neues, vollkommenes Opfer, das auch uns Erneuerung bringen konnte.
„Jetzt aber sind wir von dem Gesetz losgemacht, da wir dem gestorben sind, in welchem wir festgehalten wurden, so daß wir dienen in dem Neuen des Geistes und nicht in dem Alten des Buchstabens“ (Rö.7,6).
Das neunte Gleichnis vom Reich der Himmel (Mt.22,2-14)
„Das Reich der Himmel ist einem Könige gleich geworden, der seinem Sohne Hochzeit machte. Und er sandte seine Knechte aus, um die Geladenen zur Hochzeit zu rufen; und sie wollten nicht kommen. Wiederum sandte er andere Knechte aus und sprach: Saget den Geladenen: Siehe, mein Mahl habe ich bereitet, meine Ochsen und mein Mastvieh sind geschlachtet, und alles ist bereit; kommt zur Hochzeit. Sie aber achteten es nicht und gingen hin, der eine auf seinen Acker, der andere an seinen Handel. Die übrigen aber ergriffen seine Knechte, mißhandelten und töteten sie. Der König aber ward zornig und sandte seine Heere aus, brachte jene Mörder um und steckte ihre Stadt in Brand. Dann sagt er zu seinen Knechten: Die Hochzeit ist zwar bereit, aber die Geladenen waren nicht würdig; so gehet nun hin auf die Kreuzwege der Landstraßen, und so viele immer ihr finden werdet, ladet zur Hochzeit. Und jene Knechte gingen aus auf die Landstraßen und brachten alle zusammen, so viele sie fanden, sowohl Böse als Gute. Und die Hochzeit wurde voll von Gästen. Als aber der König hereinkam, die Gäste zu besehen, sah er daselbst einen Menschen, der nicht mit einem Hochzeitskleide bekleidet war. Und er spricht zu ihm: Freund, wie bist du hier hereingekommen, da du kein Hochzeitskleid hast? Er aber verstummte. Da sprach der König zu den Dienern: Bindet ihm Füße und Hände, nehmet ihn und werfet ihn hinaus in die äußerste Finsternis: da wird sein das Weinen und das Zähneknirschen. Denn viele sind Berufene, wenige aber Auserwählte.“
Symbolik und Bedeutung
Nach der Zahlensymbolik bedeutet 9 = Frucht.
„Das Reich der Himmel ist einem Könige gleich“, so beginnt das neunte Gleichnis. Während wir im ersten Gleichnis die Aussaat finden, gelangen wir im neunten Gleichnis zur Frucht. Es ist die Frucht aus dem Reich der Himmel. Die Zeit der Frucht ist dann, wenn eine notwendige Reife vorangegangen ist. So wurde für die Gemeinde als Frucht unser Herr gefunden, der sich in der Stunde tiefster Finsternis in den Tod begab. Als unser Herr starb, war es ja die 9. Stunde, in der die Bosheit zur Ausreife kam. Aus der Frucht seines Todes wurde neues Leben (Joh.12,24). Seine Auferstehung aber ist das Werk des „Erstlings“. Im Erstling erkennen wir Jesus, den Sohn Gottes, der aus seinem Opfer kostbare Frucht hervorbrachte. Darauf deutet auch das Opfer der „Erstlinge“ im AT (2.M.23,16.19 sowie 3.M.2,12) hin. Durch den Erstling Jesus, der in allem den Vorrang hat, sieht uns Gott als eine gewisse Erstlingsfrucht (Jak.1,18). Damit haben wir die Erstlinge des Geistes (Rö.8,23). Denn sobald der Erstling heilig ist, so auch die Masse (Rö.11,16). Die Letzten, zu der die Gemeinde zählt, werden dann die Ersten (oder Erstlinge) sein. Hierin unterscheidet sich der Herr Jesus als der „Erste“, auf daß er in allem den Vorrang habe (Kol.1,18).
Das Gleichnis führt uns auch zur Frucht Israels. Es sind die 144`000. Hierauf wird später noch näher eingegangen. „Diese sind aus den Menschen erkauft worden als Erstlinge Gott und dem Lamme“ (Offb.14,4b).
In diesem Gleichnis vom Reich der Himmel besitzen wir Anwendungsbereiche auf die Gemeinde, aber auch auf Israel.
A. Auslegung des Gleichnisses bezogen auf die Gemeinde
Das Reich der Himmel soll einem Könige gleich sein, der seinem Sohne Hochzeit machte. Wir sehen, daß es sich um die Hochzeit des Lammes handelt. Dazu sendet er seine Knechte aus, um die Geladenen zur Hochzeit zu rufen. Wer sind die Knechte (V.3)? Was meinen wir? Es sind nicht die Evangelisten mit der Botschaft der Gnade und die Zeugen hiervon. Es handelt sich hier um die Engel in der Zeit des Gesetzes. Die Einladung zum Gehorsam des Gesetzes geschah ja auf Anordnung der Engel (Apg.7,53). Diese Engel-Knechte hatten ihren Auftrag an den „Ersten“. Aber sie wollten nicht kommen. Da sendet der König „andere Knechte“ aus und läßt den Geladenen sagen: Das Mahl ist bereitet, kommt zur Hochzeit! Wer sind diese Knechte von V.4? Es sind die Propheten, die zu Israel gesandt waren. So mußte der Herr klagen: „Jerusalem, Jerusalem, die da tötet die Propheten und steinigt, die zu ihr gesandt sind!“ (Mt.23,37a). Die Israeliten „achteten es nicht“, sondern mißhandelten und töteten jene Knechte, wodurch das Heil zu den Nationen gelangte. An Israel aber vollzog sich das Gericht (V.7). Nun sagt der Herr frei heraus, daß die Hochzeit schon bereitet war, nur erwiesen sich die Geladenen nicht würdig (V.8). Jetzt erhalten Knechte den Auftrag, an die Landstraßen zu gehen und so viele sie nur finden können zur Hochzeit zu laden. Wer sind diese Knechte? Es sind die Verkündiger der Botschaft von Jesus Christus, von den Aposteln bis zum Bekenner Jesu Christi. Diesem Ruf nun folgten viele der Geladenen, sowohl menschlich Gute als auch Böse. Alle brachten sie zusammen, damit das Haus für die Hochzeit voll würde (V.10). Im 6. Gleichnis mußten die Faulen (Bösen) ausgeworfen werden, und hier kommen diese mit zur Hochzeit. Die damit verbundene Änderung zeigt die vollzogene Wandlung zum Evangelium der Gnade, wo die Vergebung durch das Blut Jesu im Vordergrund steht.
Wir finden aber auch, daß nicht alle, die zur Hochzeit kamen, würdig waren. Einer befand sich unter ihnen ohne Hochzeitskleid.
Das Hochzeitskleid unterscheidet sich von den übrigen Kleidern so, daß man darunter das beste und teuerste, aber auch das reinste Kleid versteht. Das Kleid ist es, was uns umgibt. Dieses Hochzeitskleid können wir uns nicht selbst schneidern. Wir empfangen ein solches Gewand vom König selbst. Es ist das Kleid der Gerechtigkeit, nicht zu erhalten aus der Selbstgerechtigkeit, wohl aber durch Rechtfertigung des Herrn. Dann umgibt uns seine Gerechtigkeit, die Gerechtigkeit Gottes, dargestellt als weiße Gewänder.
Die vier Kleider
Das 1. Kleid der Menschen trugen Adam und Eva im Zustand der Selbsterrettung und Selbsterlösung (Philosophie) in Form von Schürzen aus Feigenblättern (1.M.3,7). Vor Gott hatte dieses Kleid keinen Bestand, weshalb er zu Hilfe kam und eine bessere Bekleidung schenkte. Ohne Hinzutun des Sünders sollte dieses Kleid angetan werden.
Das 2. Kleid der Menschen trugen Adam und Eva als von Gott erhalten. Es waren Röcke von Fellen, die Gott gemacht hatte. In diesen Fellen müssen Tiere gelebt haben, die getötet worden waren (1.M.3,21). Hier ist eine starke Hindeutung auf ein stellvertretendes geschlachtetes Lamm. Zielgesetzt erkennen wir darin einen Vorlauf auf Jesus Christus, der stellvertretend sein Leben ließ als Lamm zur Sühnung für unsere Sünden.
Das 3. Kleid der Menschen finden wir nur noch unter jenen, die in Verbindung mit Gott und im Glaubensgehorsam einhergehen. Für sie hat die Welt keinen Wert mehr, denn sie sind Pilger unterwegs nach der oberen Heimat. Der zu begehende Weg ist mehr eine zeitliche Wüstenwanderung. Deshalb finden wir das Wüstenkleid vorbildlich in Johannes dem Täufer (Mt.3,4). Seine Kleidung war von Kamelhaaren, an der alle übrige Zier fehlte. Wie mag der Herr uns heute sehen?
Das 4. Kleid der Menschen ist das weiße oder hochzeitliche Kleid. Ein solches Kleid tragen die Geladenen. Damit steht das Tragen des Kleides mit der Würdigkeit zur Hochzeit in engem Zusammenhang. Allein mit dem Kleid göttlicher Gerechtigkeit vermögen wir die Herrlichkeit des Herrn zu schauen!
Wenden wir also das Gleichnis streng auf die Gemeindezeit an, so erhebt sich die Frage, ob es möglich ist, sich unerrettet zur Hochzeit des Lammes im Himmel einzuschmuggeln. Wie könnte es wohl möglich sein, auch ohne hochzeitliches Kleid sich unter den Erlösten Zugang zu verschaffen? Wir sehen an dem Ausspruch des Königs: „Freund, wie bist du hier hereingekommen?“, daß das Vorhandensein einer solchen Person der Klarstellung und Beseitigung dieses Menschen bedurfte.
Die Anwesenheit eines Menschen ohne Hochzeitskleid einfach auf eine Gemeinde oder die Gemeinde Jesu zu übertragen, stimmt nicht ganz. Denn offensichtlich kommt der König erst dann die Geladenen zu besehen, wenn das Haus voll ist! Auf welches Geschehnis würde eine solche Aussage der Schrift passen?
Vielleicht hatte der Fremde die Form der Gottseligkeit (2.Tim.3,5). Auf irgendeinen Tatbestand mag er sich berufen haben. Ob es seine Zugehörigkeit zur Kirche oder Freikirche war oder die Kindertaufe bzw. Großtaufe oder seine vielen menschlichen Qualitäten – fest steht doch, daß er von der Gnade Gottes nicht Gebrauch gemacht hatte.
Des Königs Befehl vollzog sich durch die Engel-Diener, ihn zu binden an Händen und Füßen, um geworfen zu werden in die äußerste Finsternis. Dort wird sein das Weinen und Zähneknirschen.
Wer in der Zeit der Gnade zu Jesus kommt, darf für den Herrn fruchtbar sein. Die Frucht = 9 steht ja dem Gleichnis vor. Bei dem Fremden konnte keine Frucht hervorkommen, weil die Verbindung zum Weinstock fehlte. Sicherlich war er ein Berufener; der Herr will aber, daß wir Auserwählte sind.
B. Auslegung des Gleichnisses bezogen auf Israel
Das Reich der Himmel soll einem Könige gleich sein, der seinem Sohn Hochzeit machte. Die hier zu verstehende Hochzeit deutet auf den Zeitabschnitt des Millenniums, in dem Christus, der Messias, 1000 Jahre auf Erden königlich herrschen wird. Dann wird der Christus geistlich (wie heute die Engel unsichtbar) in Jerusalem regieren.
Das Gleichnis führt uns zur Frucht Israels. Wie der König kommen wird, die Geladenen zu besehen, so kam er in den Weinberg, die Frucht zu suchen, so suchte er auch am Feigenbaum die Frucht. Aber er fand das Gesuchte nicht. Zuerst sandte der König die Engel-Knechte, wie unter A. beschrieben, damit Israel das Gesetz habe. Die Geladenen aber wollten nicht kommen, das heißt, sie wollten nicht das verordnete Gesetz halten. Wiederum sandte er andere Knechte mit dem Ruf: „Siehe, mein Mahl habe ich bereitet, meine Ochsen und mein Mastvieh sind geschlachtet, und alles ist bereit; kommt zur Hochzeit.“ Diese Knechte, in denen wir die Propheten und Führer Israels erkennen, wurden immer wieder verworfen und verfolgt. Israel achtete die Sendung und das Reden Gottes nicht. Vielmehr ergab sich Israel der Geschäftigkeit und dem Handel, was auch heute am Volk der Juden noch deutlich gesehen werden kann. Über die Tötung seiner Propheten ward der König zornig. Diesmal sandte er seine Heere aus, brachte das Mördergeschlecht um, und die Stadt steckte er in Brand. Alles das hat sich im Jahre 70 nach Christus zugetragen. Durch den römischen Feldherrn Titus kamen in Jerusalem etwa 1 Million Israeliten um. In der Stadt brach das Feuer aus und ließ sogar den Tempel mit abbrennen. Gott übt an all denen Gericht, die seinem Ruf nicht folgen – damals und auch heute. Insbesondere ist die Auslösung des Gerichtes Gottes infolge der Verwerfung Jesu und des Evangeliums der Gnade am Volk Israel vollzogen worden.
Dann sagt er zu seinen Knechten (V.8): „so gehet nun hin auf die Kreuzwege der Landstraßen“ (V.9). Die Aussendung dieser Knechte für Israel vollzieht sich, sobald die Gemeinde aufgenommen ist und der Anti-Christus anschließend seine Macht auf der Erde übernommen hat. Dann wird wieder das Evangelium des Reiches verkündigt werden. Die Verkündigung begann unter der Zeit Jesu auf Erden und wurde infolge Verwerfung des Messias unterbrochen. Der Herr sandte die Jünger, um das Evangelium des Reiches zu bringen, zu je zwei aus. Die kommende Verkündigung dieses Evangeliums vom Reich steht unter der Sendung der zwei Zeugen nach Offb.11,1-13 und Sacharja Kap.4. Zwar wird es auch hier viele Berufene geben. Die aber den Überrest Jsraels ausmachen sind jene 144`000, mit denen Gott im Millennium ganz neu anfängt und die auch die eigentliche Frucht für Israel darstellen – sie sind die Auserwählten.
Als der König kam, um die Geladenen zu besehen, befindet sich mitten unter der Schar der Hochzeitsgäste einer, der kein hochzeitliches Kleid anhatte. Auf die 144`000 in Sach.14,5 bezogen, wird es schon erklärlich, wenn sich unter das Volk der Ausziehenden der eine oder andere mischt. Letztlich geschieht der Auszug aus Jerusalem (Hos.2,14) bei Menschen im Fleische. Die Augen des Herrn und Königs werden den Ungereinigten entdecken. Diesen heiligen Weg wird kein Unreiner begehen können, ohne entdeckt zu werden (Jes.35,8). Weil sich gerade die Gerichtszeit abwickelt, fällt es dem König nicht schwer, Weisung zu erteilen, den Fremden durch die Engel binden zu lassen, um ihn auch der äußersten Finsternis zu übergeben, wo ihr Wurm nicht stirbt und das Feuer nicht erlischt (Mk.9,44.46.48). Gewiß war jener Fremde ein Berufener, aber kein Auserwählter. Die Auserwählten aber werden fruchtbar sein, weil Gott sie dazu gesetzt hat.
Die Beziehung Bräutigam-Braut in der Heiligen Schrift
Es wird dafür gehalten, an dieser Stelle des neunten Himmelreichs-Gleichnisses die nachstehende Übersicht der Beziehungen Bräutigam-Braut anzulegen.
Wer ist nun bei der Hochzeit die Braut oder das Weib? Wie oft hat unter den Kindern Gottes in dieser Frage Unklarheit bestanden! So mag in diesem Zusammenhang ganz kurz auf das Thema eingegangen werden.
Zuerst wollen wir erkennen, daß im Orient die Verlobung weit mehr beinhaltet als hier in Deutschland. Als Verlobte galt in Israel ein Weib, das noch Jungfrau war (Lk.2,5). Eine bestehende Verlobung konnte nur infolge bewiesener Untreue aufgelöst werden (Mt.1,19). Eine bestimmte Verbindung in innigster Gemeinschaft leitet die Hochzeit ein. Für die Gemeinde ist es die Vereinigung des Hauptes (Christus) mit seinem Leibe. Ein solch inniges Verhältnis zwischen Gott und dem Volk Israel beabsichtigte der Herr im AT.
Die Gemeinde als Braut und der Herr Jesus als der Bräutigam werden in Mt.25,1-13 gezeigt, aber auch in 2.Kor.11,2! Hier wird sie noch verlobt gebracht, weil heute die Hochzeit noch vor uns liegt. Aber die Zeit kommt, wovon gesagt ist: Ich will dir die Braut, das Weib des Lammes, zeigen (Offb.21,9). Im Verhältnis Jesu zur Gemeinde sind die Gläubigen des AT nur die Freunde des Brautigams (Joh3,29).
Ganz offensichtlich gehört zur Hochzeit des Lammes auch das Kommen Christi zum Gericht (Offb.19,7). Denn das Weib, wie es nach der Hochzeit genannt wird, hat sich bereitet. Dann wird uns in den nächsten Versen das zweite Wiederkommen Jesu mit seiner Leibesgemeinde gezeigt. Da erkennen wir den geistlichen Christus (2.Thes.1,10)! Sobald also die Vereinigung aller Glieder mit dem Haupt stattgefunden hat, die angekündigte Hochzeit erfolgt ist, haben wir es bei dem Sohn Gottes und allen vereinigten Gläubigen mit dem geistlichen Christus zu tun. Dieser kommende Christus wird dann bezüglich Israel der Bräutigam sein. So wie heute Christus geistlich und wir im Leibe des Fleisches gefunden werden, wird der vereinigte Christus im 1000-Jahr-Reich geistlich herrschen, aber die Bewohner des Reiches werden im Leibe des Fleisches leben.
Das Millennium steht damit wieder im Zeichen der göttlichen Gemeinschaft. Der Bräutigam (der geistliche Christus) kommt zu Israel, das nach Offb.12,6-13 Weib genannt wird. Letztlich erkennen wir im zehnten Gleichnis vom Reich der Himmel die Anwendung auf die Gemeinde und auf Israel. Das Verhältnis zwischen dem Mann (Christus und die Gemeinde) einerseits sowie dem Weib Israel andererseits wird ein solch inniges gemeinschaftliches Leben sein, dass wohl von Mann und Weib geredet werden kann.
Das Alte Testament stand bereits unter dem vorlaufenden Zeichen einer Ehe zwischen Gott und Israel.
Denn ich habe mich ja mit euch vermählt (Jer.3,14; 31,32). Braut und Bräutigam trugen den Schmuck (Jes.61,10). Die Stimme beider wird gehört (Jer.33,11; 7,34). Jehova hat Lust an ihr (Jes.62,4). „Denn wie der Jüngling sich mit der Jungfrau vermählt, so werden deine Kinder sich mit dir vermählen; und wie der Bräutigam sich an der Braut erfreut, so wird dein Gott sich an dir erfreuen“ (Jes.62,5). Danach begeht Israel Untreue gegen Gott. Die Schrift nennt Israel das ehebrecherische Weib, das statt ihres Mannes Fremde annimmt (Hes.16,32).
Im Geist mag sie ein betrübtes Weib sein (Jes.54,6). Dennoch soll sie nicht mehr sein Weib und Gott nicht mehr ihr Mann sein – wegen Hurerei! (Hos.2,2).
Damit hat Israel-Juda sich mit einem fremden Gott vermählt (Mal.2,11). Ganz neu tritt danach der Ruf nach dem Bräutigam und der Braut hervor: „der Bräutigam trete aus seiner Kammer und die Braut aus ihrem Gemach“ (Joel 2,16).
Infolge Ehebruchs mußte sich Gott von Israel trennen. Diese Trennung ist auf Zeit. Führt uns denn nicht gerade das Hohelied gedanklich in das Verhältnis Braut und Bräutigam hinein? Der Charakter des Hohenliedes verläuft in der Anwendung „Braut und Bräutigam“ allegorisch.
Das Ergebnis einer Ehe ist Frucht, die auch im neunten Gleichnis vom Reich der Himmel vorliegt.
Das zehnte Gleichnis vom Reich der Himmel (Mt.25,1-13)
„Alsdann wird das Reich der Himmel gleich geworden sein zehn Jungfrauen, welche ihre Lampen nahmen und ausgingen, dem Bräutigam entgegen. Fünf aber von ihnen waren klug und fünf töricht. Die, welche töricht waren, nahmen ihre Lampen und nahmen kein Öl mit sich; die Klugen aber nahmen Öl in ihren Gefäßen mit ihren Lampen. Als aber der Bräutigam verzog, wurden sie alle schläfrig und schliefen ein. Um Mitternacht aber entstand ein Geschrei: Siehe, der Bräutigam! gehet aus, ihm entgegen! Da standen alle jene Jungfrauen auf und schmückten ihre Lampen. Die Törichten aber sprachen zu den Klugen: Gebet uns von eurem Öl, denn unsere Lampen erlöschen. Die Klugen aber antworteten und sagten: Nicht also; damit es nicht etwa für uns und euch nicht ausreiche; gehet lieber hin zu den Verkäufern und kaufet für euch selbst. Als sie aber hingingen zu kaufen, kam der Bräutigam, und die bereit waren gingen mit ihm ein zur Hochzeit; und die Tür ward verschlossen. Später aber kommen auch die übrigen Jungfrauen und sagen: Herr, Herr, tue uns auf! Er aber antwortete und sprach: Wahrlich, ich sage euch, ich kenne euch nicht. So wachet nun, denn ihr wisset weder den Tag noch die Stunde.“
Symbolik
Im zehnten Himmelreichs-Gleichnis finden wir zehn Jungfrauen. Zehn ist die Zahl der menschlichen Verantwortung, oder auf das Ganze bezogen: Erdenfülle. Unter anderem sei hier an die zehn Gebote erinnert, die der Mensch verantwortlich zu erfüllen hatte. So auch Gehorsam und Dankbarkeit Gott gegenüber im Geben des „Zehnten“ bewiesen werden sollte.
Bedeutung
Eine der kostbarsten Verheißungen seines göttlichen Wortes ist die Wiederkunft Jesu Christi. Diese Wiederkunft bedeutet für uns, die wir zur Gemeinde des Herrn gehören, das Schauen seines Angesichtes nach 1.Joh.3,2. Gleichzeitig bedeutet sie das Ende unserer Wüstenwanderung irdischer Prägung und Einzug in die Wohnungen des Vaters sowie Empfang aller himmlischen Segnungen. Für Israel, das irdische Volk Gottes, wiederum bedeutet sein Kommen die Erlösung von den Feinden und den Empfang aller irdischen Segnungen. Beide, sowohl Gemeinde als auch Israel, erwarten den Sohn Gottes als den verheißenen Bräutigam. Im 9. Gleichnis ist auf das Verhältnis Braut und Bräutigam in bezug auf die Gemeinde und auch auf Israel eingegangen. Ganz sicher hat auch dieses Gleichnis auf beide Haushaltungen Bedeutung.
Alsdann wird das Reich der Himmel gleich geworden sein 10 Jungfrauen. Mit dem zehnten Gleichnis schließt die zeitlich geordnete Folge der Gleichnisse von der Aussaat des guten Samens bis zur Wiederkunft des Gottessohnes und Bräutigams. Das Reich der Himmel soll so sein, daß wir darin ein Vergleichsbild mit 10 Jungfrauen sehen können. Die Jungfrauen, die dem Bräutigam entgegengehen, sollen unberührt von den Dingen der Sünde sein. Für die Gemeinde stellt uns der Apostel hin: „um euch als eine keusche (enthaltsame) Jungfrau dem Christus darzustellen“ (2.Kor.11,2b).
Das Verhalten der Jungfrauen
Für Israel spricht Johannes in Offb.14,4: „Diese sind es, die sich mit Weibern nicht befleckt haben, denn sie sind Jungfrauen; diese sind es, die dem Lamme folgen, wohin irgend es geht.“ Das Zeichen der Reinheit ist unsere Vergebung, die wir im Blute des Lammes haben. Die Vergebung erhalten wir, wenn wir unsere Sünden bekennen (1.Joh.1,9)! Das Reich der Himmel wird verglichen mit zehn solchen, die ihre Sünden bekannt hatten. Bei keiner der Jungfrauen fehlte die im Glauben geschehene Bekehrung. Sie nahmen sogar ihre Lampen mit, das heißt: alle besaßen ein Zeugnis! Denn die Lampen sind Quellen des Lichts. Mit diesem Zeugnis gingen alle im Glauben dem Bräutigam entgegen. Das Entgegengehen beinhaltet gleichzeitig die suchende Haltung jener Jungfrauen. Würden wir die zehn beurteilen, müßten wir von allen bekennen, daß ihr Verhalten dem Herrn gegenüber äußerst vorbildlich sei.
Dennoch nennt die Bibel nur fünf von ihnen klug, während die übrigen Jungfrauen töricht geheißen werden (V.2). Zuerst wollen wir feststellen daß die Beurteilung der Menschen oft ganz anders ausfällt als die Beurteilung Gottes. Auch dann, wenn die Schrift bestätigt: „An ihren Früchten werdet ihr sie erkennen“ (Mt.7,16), bleibt doch letztlich die göttlich vollkommene Klarstellung: „Der Herr kennt, die sein sind“ (2.Tim.2,19). Was ist nun die Ursache dafür, dass der Herr fünf von ihnen töricht nennt? Diese Aussage entscheidet doch letzten Endes über Leben und Tod, über ewiges Leben und ewige Verdammnis! Die Antwort auf diese Frage bringt uns V.3. Die Törichten nahmen zwar die Lampen, nahmen aber kein Öl mit sich! Hier darf noch einmal die Aussage des Wortes Gottes wiederholt werden: sie „nahmen kein Öl mit sich“! Zuweilen verkündigen sogar Diener am Wort, dass jene Törichten doch Öl mitgenommen hätten. Wieviel Phantasie, Widerspruch gegen den Herrn und Mut, wider den Stachel zu lecken, gehört dazu, das Wort Gottes ins Gegenteil zu kehren. Dabei hat man doch nur das Wort des Herrn nicht verstanden.
Das Öl – Sinnbild des Heiligen Geistes
Die Salbung der Priester und Könige im Alten Testanent soll ausdrücken, daß der Geist Gottes auf ihnen ruhen würde. Dieses Öl, den Heiligen Geist Gottes, hatten jene fünf törichten Jungfrauen nicht im Besitz. Zwar gingen auch sie dem Bräutigam entgegen, fest im Glauben gegründet, aber das Öl – der Heilige Geist – war nicht in ihnen. Den Heiligen Geist hat nur, wer zur Wiedergeburt nach Johannes, Kap.3,5-7, gelangt ist. Denn: „Wer Christi Geist nicht hat, der ist nicht sein“ (Rö.8,9). Im Gegensatz zu jenen, werden die klug geheißen, die Öl in ihren Gefäßen mit ihren Lampen nahmen (V.4). Hier darf gesagt werden, dass es sich bei der Beurteilung „klug“ nicht um Menschenmeinung handelt, vielmehr um die Antwort Gottes auf die Innewohnung des Heiligen Geistes bei den Wiedergeborenen. Es sei darauf hingewiesen, daß wir nicht aus Glauben unsere Rettung haben. Deshalb sagt Paulus, der Heidenapostel, im Brief an die Epheser, Kap.2,8: „Denn durch die Gnade seid ihr errettet.“ Die Gnade Gottes ist es, die bei der Errettung der Verlorenen an erster Stelle steht. Sicherlich auch nicht ohne Glauben der zu Errettenden, sondern wie es in V.8 weiter heißt: „mittelst des Glaubens“.
Die bildhafte Darstellung der geistlichen Bezüge läßt in V.4 bei den Klugen erkennen, daß sie den Heiligen Geist (Öl) nicht auf den Lippen, sondern in sich selbst hatten. (Das Gefäß ist ein Bild für den Leib. Es dient zur Aufnahme verschiedener Dinge, hier zur Aufnahme des Heiligen Geistes.) Damit wurden sie zum Tempel des Heiligen Geistes. Das Öl nahmen sie in ihren Gefäßen mit den Lampen. Hier redet das Wort vom Zeugnis (Lampen) des Heiligen Geistes in ihnen. Die Törichten hatten auch ein Zeugnis, aber nicht das Zeugnis des Heiligen Geistes, denn sie hatten kein Öl in den Gefäßen. Ihr Zeugnis war nur das des Glaubens. Die Bibel sagt, daß der Glaube ohne Werke tot ist. Der Glaube ohne das Werk des Heiligen Geistes ist verloren, denn die Dämonen sind ebenso verloren (Hebr.2,16), genau wie die Teufel auch „glauben und zittern“ (Jak.2,19).
Der Bräutigam verzog (V.5) zu kommen. Will der Herr etwa auch bei uns warten, bis er die Gemeinde heimführt? Bereits regen sich die ersten Stimmen der Spötter und sagen: Wo ist die Verheißung seiner Ankunft? Denn es bleibt doch alles so von Anfang der Schöpfung an (2.Petr.3,4). Es sollte uns gegenwärtig sein, daß mit der Ankunft Jesu aber auch die Gnadenzeit beendet ist. Deshalb ist sein bisheriges Fernbleiben Langmut Gottes. Der Herr verzieht die Verheißung nicht, sondern will doch nur noch verlorene Menschen retten (2.Petr.3,9).
Vom geistlichen Schlaf
Der Bräutigam verzog, weil seine Leibesgemeinde noch nicht vollständig an Zahl war (Rö.11,25). Den Verzug nahmen die zehn Jungfrauen zum Anlaß, schläfrig zu werden und einzuschlafen. Die Klugen und die Törichten unterschieden sich in nichts; sie schliefen „alle“ ein. Ein großes Hindernis im Wandel und Zeugnis seiner Kinder ist der Schlaf. Selbst die Sünde nahm ihren Anfang darin (Mt.13,25 – erstes Himmelreichs-Gleichnis): „Während die Menschen schliefen, kam der Feind und säte Unkraut.“ In der Stunde größter Not findet Jesus im Garten Gethsemane die Jünger schlafend (Mt.26,40). Schlafende sind sich ihres gefährlichen Zustandes nicht bewußt. Deshalb der Ruf des Apostels Paulus an die Gemeinde zu Ephesus (Kap.5,14): „Wache auf, der du schläfst, und stehe auf aus den Toten, und der Christus wird dir leuchten!“ Ein solch schläfriger Zustand ist über das Reich der Himmel ausgesprochen, und weil diese Zeit auf das Ende – die Wiederkunft des Bräutigams – hinweist, brauchen wir uns nur einen Blick um uns zu leisten, um zu erkennen, daß bald alles schläft. Finden wir nicht in der Endzeitgemeinde Laodicäa ein Bild des Schlafes? Nur ein Schlaftrunkener kann bei Unwissenheit, Elend, Jammer und bei den Eigenschaften arm, blind und bloß zu dem Urteil über sich selbst gelangen: „Ich bin reich“ (Offb.3,17). In diesem Sinne verstehen wir schon das Einschlafen aller Jungfrauen.
Das Geschrei um Mitternacht
Um Mitternacht ist ein Geschrei entstanden (V.6), nicht etwa: „Siehe, der Bräutigam kommt!“, sondern: „Siehe, der Bräutigam!“ Zunächst vergegenwärtigen wir uns den Zustand der Braut: Alle schliefen. Plötzlich wird durch ein Geschrei die Nachtruhe durchbrochen. Was, können wir fragen, ist die Ursache, oder was löst überhaupt das Geschrei aus?
Der Inhalt des Geschreis war die plötzliche Erscheinung des Herrn: „Siehe, der Bräutigam!“ Er war also schon gekommen, zwar noch so weit entfernt, daß es der Mühe bedurfte: „gehet aus, ihm entgegen!“ Der augenblickliche Auftritt des Brautigams mag wohl in dem unverkennbaren Licht zu sehen sein, das den Ruf zum Geschrei werden ließ.
Die Ankunft des Sohnes Gottes
a) zur Heimholung seiner Gemeinde geschieht „in einem Nu, in einem Augenblick“ (1.Kor.15,52).
Der Herr wird uns nur bis in die Wolken entgegenkommen, den Fuß aber nicht auf die Erde setzen (1.Thes.4,17), weil Er sonst als Richter auftreten müßte.
b) zur Aufrichtung der Königsherrschaft Jesu auf Erden, insbesondere für das Volk Gottes – Israel – einleitend zum Gerichtstag (1.Thes.5,2.3): „dann kommt ein plötzliches Verderben über sie.“ Wir erscheinen dann mit Christus (2.Thes.1,10), dem Richter. Dieses Kommen ist verbunden mit Wolken (Mt.24,30 und Offb.1,7), und er wird seinen Fuß auf die Erde setzen.
So unterscheidet sich der Ruf: „gehet aus, ihm entgegen!“ (V.6) wesenhaft zwischen Gemeinde und Israel. Die Gemeinde erwartet ihn, den Bräutigam, wie im Gleichnis bezeichnet, und geht dem Herrn entgegen. Bei Israel ist es umgekehrt, da kommt Christus zu ihnen und wird seine Füße auf die Erde stellen. Der Gemeinde kommt der Herr nur bis zu den Wolken entgegen.
Das Öl und die Lampen
Nachdem infolge des Rufes alle Jungfrauen aufwachten, schmückten sie ihre Lampen (V.7). Das war wiederum eine Glaubenshandlung aller, wobei sich „schmücken“ mehr auf die reinigende Bereitschaft bezieht. Erst jetzt, als der Bräutigam schon unterwegs ist, erkennen die Törichten ihren Mangel. Sie sprechen zu den Klugen: „Gebt uns von eurem Öl, denn unsere Lampen erlöschen“ (V.8). Plötzlich entdecken jene, daß sie kein Öl – keinen Heiligen Geist – haben. Weshalb nur nahmen sie das Öl nicht mit? Weil sie meinten, dem Bräutigam auch so begegnen zu können, wie sie waren. Von unserer natürlichen Geburt her haben wir eben nicht den Heiligen Geist. Deshalb mußte es der Herr dem Nikodemus bereits sagen, daß er von neuem geboren werden müsse. Die Wiedergeburt anerkennt die bereits zuerst geschehene natürliche Geburt. Nur daß der Heilige Geist dort einzieht, wo eine solche Wiedergeburt bereits geschieht. Wie furchtbar wird es auch einmal für jene sein, wenn der Herr kommt, und sie sind den Weg der Errettung nicht gegangen. Die fünf Törichten hatten doch geglaubt, aber ihr Glaube war vergeblich. So sagt es der Apostel und warnt, daß ja niemand vergeblich geglaubt haben möchte (1.Kor.15,2b). Glaube ohne Wiedergeburt ist vergeblicher Glaube.
In der Zeit der Gnade baten sie Gott nicht um den Heiligen Geist. Die Zusage zum Empfang des Heiligen Geistes war ihnen doch gegeben (Lk.11,13). Jetzt wenden sich die Törichten an Menschen und sagen: „Gebt uns von eurem Öl.“ Die Jungfrauen, auch wenn es die Klugen waren, können anderen den Heiligen Geist nicht geben. Weil Gott seinen Geist nicht nach Maß gibt (Joh.3,34), kann der Mensch den Geist Gottes nicht vermitteln und auch nicht teilen. Nun waren ihre Lampen am Verlöschen – ihr Zeugnis ohne Wiedergeburt erlosch. Deshalb wurde es den fünf Törichten angst, denn jetzt wurde ihnen die eigene Finsternis bewußt, in der sie sich befanden.
Die verlöschenden Lampen
Obgleich Gottes Wort in V.3 bestätigt, daß die Törichten kein Öl mit sich nahmen, wollen angeblich Schriftkundige versuchen, uns glauben zu machen, daß doch Öl mitgenommen worden sei! Ihre Unwissenheit leitet sich angeblich aus dem Wort „verlöschen“ ab, wonach sie dafür halten, daß menschlich logisch nur das verlöschen kann, was vorher gebrannt hat, und dazu war Öl nötig.
Der Verfasser des Artikels erlebte vor etwas mehr als 20 Jahren an einer Baustelle folgende Begebenheit, die in dieser Frage viel Licht brachte. Es mag gegen Ende November gewesen sein, der bedeckte Himmel ließ zusätzlich die Dunkelheit früher hereinbrechen. Handwerker sperrten unmittelbar an einer Straße mit Stangen und Ständerwerk eine ausgehobene Grube ab, vergleiche dazu 2.M.21,33. Ein Arbeiter brachte zwei neue Petroleum-Lampen und zündete sie an. Als auch zweite Lampe brannte, erlosch die erste. Daraufhin wurde der Docht nachgedreht, und schon wurde auch das Licht der zweiten Lampe klein. Es waren neue Lampen‚ die noch nie gebrannt hatten, und man hatte vergessen, vorher Öl einzufüllen. Unter Schimpfen brachte der Arbeiter zwei alte gebrauchte Lampen und zündete sie an. Dieses Licht blieb, denn die Gefäße hatten geügend Öl aufgenommen. Vielleicht war es ein Geschehen des Alltags, wie trefflich aber ist der Vorgang auf unser Gleichnis bezogen. Zuerst wurde erkannt, daß eine Lampe auch ohne Öl brennt. Ebenso verhält es sich bei Gläubigen ohne den Heiligen Geist. Es sind Strohfeuer oder „Dochtbrenner“, die keine Wiedergeburt kennen. Der Tatbestand eines brennenden Dochtes berechtigt uns keineswegs zur These, die Törichten hätten doch Öl mitgenommen. Hinzu kommt auch die Einschätzung des Zeugnisses jener beiden fabrikneuen Lampen. Sicherlich waren diese für die menschliche Beurteilung die schöneren Zeugnisse als die verwitterten alten Lampen. Weil Gott das Herz anschaut und auf das sieht, worauf der Mensch blickt (1.Sam.16,7), geht auch dem äusseren Wandel das Zeugnis des Herzens vor. Damit wird aber auch ausgedrückt, daß jedes nicht mit dem Öl des Heiligen Geistes verbundene Zeugnis für Gott nicht brauchbar ist. Die gewaltige Abfallerscheinung heutiger Tage ist ein Verlöschen der Lampen.
Der Bezug auf Israel
Die Situation, auf Israel übertragen, wird zwar etwas schwerer, wenn es um die Frage des Heiligen Geistes geht; denn die Ausgießung zu Pfingsten betrifft nur die Gemeinde, nicht aber Israel nach der Gemeindezeit. Allerdings wird es in der Gerichtszeit gegenüber Israel eine neue Ausgießung geben, von der wir in Sach.12,10 lesen. Es wird sein der Geist der Gnade und des Flehens (so auch in Jes.44,3 und Hes.39,29). Hier wird wiederum verständlicher, wenn die Klugen in V.9 antworten: „gehet lieber hin zu den Verkäufern und kaufet für euch selbst.“ Wer, möchten wir fragen, sind eigentlich die Verkäufer des Öls? Andere Übersetzungen sagen: Verwalter des Öls. Auf die Gemeinde kann diese Aussage der klugen Jungfrauen kaum Anwendung finden, wenn wir nicht gerade geisterfüllte Zeugen Jesu erkennen, und solche waren ja die klugen Jungfrauen. Bei Israel allerdings dürfte es nicht schwer sein, denn dort wird in der Gerichtszeit nach Offb.11,1-13 das Öl von den beiden Zeugen verwaltet, die in Sach.4,14 „Söhne des Öls“ genannt werden.
Die Bereitschaft der Klugen und das Ende der Gnade
Die Klugen gingen gegenüber den Törichten den Weg der Sicherheit. Zuerst nahmen sie das Öl für sich mit, dann gehen sie nicht das Risiko einer Teilung des Öls mit den Törichten ein. Aufgrund der Ablehnung gehen die Törichten und wollen das fehlende Öl kaufen (V.10). Als sie endlich willig wurden, das Versäumnis nachzuholen, kam der Bräutigam! Die Begegnung mit dem Bräutigam galt damit nur denen, die bereit waren. Die Bereitschaft wiederum wollen wir zuerst im Besitz des Heiligen Geistes sehen. Somit schließt das Kommen des Bräutigams für die Gemeinde die Gnadenzeit und später für Israel die Gerichtszeit ab. Der Abschluß der Zeitepochen drückt sich hier im Gleichnis in der Mitteilung aus: „und die Tür ward verschlossen.“ Das ist zwar eine ganz furchtbare, aber doch gerechte Handlung Gottes. Furchtbar, weil für alle, die nicht zur Hochzeit kommen, das Zorngericht Gottes beginnt.
In Verbindung mit Gericht an den Menschen hat es schon einmal verschlossene Türen gegeben. Wir lesen das bei Noah vor der Sintflut. Da sagt die Schrift (1.M.7,16b): „Und Jehova schloß hinter ihm zu.“ Gott erfüllt sein Wort. Er läßt den Propheten Jesaja (22,20) von dem kommenden Schlüsselgewaltigen, seinem Knecht Eljakim, dem Sohn Hilkijas, reden, daß auf seine Schulter der Schlüssel des Hauses Davids gelegt wird. Dort, wo er geschlossen hat, wird niemand mehr öffnen. Der Prophet Neuen Testaments, Johannes, schreibt an die Gemeinde, die vor der Stunde der Versuchung bewahrt werden soll, in Offb.3,7 ähnliche Worte wie der Prophet Jesaja!
Wir erkennen aus der Mitteilung des Wortes, daß es ein „Zuspät“ gibt! Denn zu spät kommen die törichten Jungfrauen zurück (V.11) und erfahren, daß die Tür verschlossen ist. Die Bibel sagt nicht, daß ihr übereiltes Zurückkommen durch den Besitz des notwendigen Öls erklärt werden könnte. Denn wer das Öl (den Geist Christi) hat, gehört zur Hochzeits-Gesellschaft und ist der Begegnung des Bräutigams gewiß. Für die Törichten brach eine ganze Welt zusammen, denn sie erkannten ihre verlorene Lage. Deshalb rufen und schreien sie zu Gott in all ihrer Verzweiflung des Lebens. Ihr Ruf ist: „Herr, Herr, tue uns auf!“ Es muß ein gewaltiges Rufen gewesen sein, denn Gott im Himmel hört und vernimmt es. Ja noch mehr, der Herr antwortet ihnen sogar! Allerdings ist wiederum seine Antwort erneut Gericht: „ich kenne euch nicht“ (V.12). Von der Schrift her mögen die Törichten Jesus, den Bräutigam, gekannt haben. Denn ihr beharrliches Rufen ist an den Wesenszug des Herrn gerichtet, von dem sie Gnade erwarten, obgleich es zu spät ist. Für alle, die die Gnade Gottes nicht gebührend beachten, folgt Gericht. Es kommt nicht allein darauf an, zu sagen, ich habe oder kenne Jesus, sondern darauf, daß Christus uns besitzt und dadurch uns kennt. Er kennt uns, wenn wir zu ihm kommen und seine liebende Gnade annehmen. Deswegen wird nicht jeder, der Herr, Herr! sagt, ins Reich der Himmel eingehen (Mt.7,21).
Unser Herr will uns nach V.13 wachend finden, wenn er kommt. Deshalb im zehnten Gleichnis vom Reich der Himmel die menschliche Verantwortung – wachend oder schlafend gefunden zu werden. Wenn die Gläubigen hier aufgerufen sind, wachend zu sein, heißt das, nicht müde oder schlafend zu werden gegenüber der Sünde; darüber hinaus auch nicht gleichgültig zu sein in der Nachfolge.
Die Gleichnisse offenbaren Scheidungen des Echten vom Unechten sowohl im ersten Gleichnis des Scheinweizens von wirklicher Frucht als auch im zehnten Gleichnis der Heiligen (Klugen) von den Scheinheiligen (Törichten).
Noch einmal lesen wir den V.5 und erinnern uns, dass alle schläfrig wurden und einschliefen, als der Bräutigam verzog zu kommen. Das Verziehen seiner Ankunft verbinden wir mit der dann folgenden Wiederkunft Jesu nach 1.Kor.15, ab V.51 und kennen die in Christo Entschlafenen oder Eingeschlafenen. Wer in der Bereitschaft im Öl (Heiligen Geist) gefunden ist, wird die gebietende Stimme des Bräutigams hören, wenngleich er, was unseren Leib des Fleisches betrifft, eingeschlafen ist (1.Thes.4,13-18). Hingegen sind die Gläubigen heuzutage nicht nur in der Pose der Schläfrigkeit zu finden, sondern leider auch in einem Schlafzustand bis hin zum wirklichen Glaubenstod.
Die Deutung der Geschichte der Gnadenzeit
Das zehnte Himmelreichs-Gleichnis zeigt uns, zeitlich (=geschichtlich) gesehen, die einzelnen Zeitabschnitte der Haushaltung der Gnade. So kann man durchaus den jeweiligen Versen des Gleichnisses ganz bestimmte Abläufe in der Heils- und Weltgeschichte zuordnen.
Vers 1-4 Die Zeit Jesu und der Urgemeinde mit der Aussaat des Wortes.
Vers 5 Das finstere Mittelalter, wo das geistliche Leben verlöscht war.
Vers 6 Der Beginn des Rufs um Mitternacht „Siehe, der Bräutigam!“ darf in der Erweckungszeit etwa
Mitte des 19. Jahrhunderts gesehen werden. Seitdem ist dieser Ruf noch zu hören.
Vers 7-9 dürfte die heutige Zeit sein, in der offenbar wird, wer den Heiligen Geist (das Öl) besitzt.
Vers 10 zeigt die Ankunft des Bräutigams nach 1.Thes.4,13-17.
Vers 11f. bringt den Zustand derer, die den Weg wußten, aber zu spät kamen.
Unsere Verantwortung
Zum Schluß des zehnten Himmelreichs-Gleichnisses erinnern wir uns der Warnung Gottes hinsichtlich unserer Verantwortung. Die Bedingung, zum hochzeitlichen Mahl zu kommen, ist die Annahme des Heiligen Geistes mit reichlich Öl in den Lampen. Unser Zeugnis soll darin die große Liebe zum Bräutigam sein. Deshalb rufen wir nicht erst bei der Ankunft des Herrn, sondern bereits heute. Im Ruf nach dem Bräutigam steht die Braut nicht allein.
„Und der Geist und die Braut sagen: Komm! Und wer es hört, spreche: Komm!“ (Offb.22,17).
„Der diese Dinge bezeugt, spricht: Ja, ich komme bald. – Amen; komm, Herr Jesus!“ (Offb.22,20).
Nachwort
Die Gleichnisse vom Reich der Himmel sprach einst der treue Herr zu seinem irdischen Volk Gottes. Die Jünger konnten das nicht recht verstehen. Deshalb fragten sie ihn: „Warum redest du in Gleichnissen zu ihnen?“ (Mt.13,10). Seinen Jüngern war es danach gegeben, die Geheimnisse der Gleichnisse vom Reich der Himmel zu wissen. Dem Volk Israel war es nicht gegeben, diese zu erkennen.
Der Evangelist Markus sagt in Kap.4,34 aus: „Ohne Gleichnis aber redete er nicht zu ihnen.“ Heute redet der treue Herr nicht mehr in Gleichnissen zu uns (Joh.16,25), sondern verkündigt ganz offen von dem Vater. Auch dann, wenn Gott heute nicht nehr in Gleichnissen zu uns redet, weil wir doch schon seinen Geist haben, besitzen wir die Aussprüche des Wortes in Gleichnissen – einstmals geredet zu seinem Volk.
Der Unterschied zwischen einem Gleichnis und einem Beispiel ist, daß sich ein Gleichnis aufgrund des vorhandenen prophetischen Gehaltes „erfüllt“, was im Beispiel nicht gefunden wird. Wir können gewiß sein, daß Gott sein gegebenes Wort an uns, seinem Volk und seiner Gemeinde, wie auch an der ganzen Menscheit erfüllt.
Lieber Freund und Leser, zeige dem Herrn deine Liebe zu seinem Wort im Erforschen der Heiligen Schrift. Bete, daß Gott dich an den Segnungen des Herrn schon heute teilhaben läßt, wozu auch diese Auslegung ein Anlaß sein möchte (1.Kor.1,5).